Erlanger OB Janik

Aufnahmeangebot von afghanischen Ortskräften: "Das ist ein politisches Zeichen"

18.8.2021, 13:35 Uhr
Unzählige Afghanen suchen auf dem Flugplatz in Kabul nach einer Möglichkeit, aus dem Land zu fliehen.

© Foto: dpa-Bildfunk Unzählige Afghanen suchen auf dem Flugplatz in Kabul nach einer Möglichkeit, aus dem Land zu fliehen.

Natürlich haben die Bilder von Menschenmassen, die in Kabul verzweifelt auf der Flucht vor den Taliban auf einen Platz in einem Flugzeug warten, den Erlanger Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) schockiert.

Aber nicht nur das: Er kennt einen Bundeswehrsoldaten, der selbst im Einsatz am Hindukusch war und von dort berichtet hat. "Dadurch habe ich noch einen persönlicheren Eindruck bekommen, wie die Lage aussieht und was die sogenannten Ortskräfte geleistet haben." Das alles habe den Impuls in ihm verstärkt, etwas zu tun.

Brief an Behörden ist verschickt

Das haben er und die Stadt auch getan: Am Dienstag, 17. August 2021, gab der Oberbürgermeister in einer kurzen Urlaubsunterbrechung bekannt, dass die Hugenottenstadt kurzfristig afghanische Ortskräfte aufnehmen könne. Ein entsprechendes Schreiben hat die Stadt an die zuständige Landes- und Bundesbehörde verschickt, eine Antwort liegt noch nicht vor.

Janik, so betont er im Gespräch mit diesem Medienhaus, sei von Anfang an klar gewesen, dass es, wenn es auf Bundesebene wieder etwas länger dauert, erneut an den Kommunen liege, schnell Unterstützung anzubieten. "Wir sind bereit und in der Lage, zu helfen, letztlich sind wir ganz direkt verantwortlich für die Lage in Afghanistan und die Angst, in der die Menschen dort leben und deswegen sind wir auch gefordert, ihnen zu helfen".

Dabei verweist der Rathauschef auf die humanitäre Verpflichtung, die sich für ihn als Mitglied des über die deutschen Grenzen hinausgehenden Städtebündnisses "sicherer Hafen" ergebe. In dem Netzwerk erklären sich Kommunen bereit, Asyl- und Schutzsuchenden Zuflucht zu bieten.

Auch im September 2020 hatte Janik nach dem verheerenden Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria angeboten, dass die Stadt Asylsuchende sofort aufnimmt. Allerdings brauchte es dann mehrere Monate bis 2021 schließlich überhaupt zwei Familien in Erlangen ankamen.

Wie realistisch ist es also, dass es diesmal zügiger und unbürokratischer geht? "Bis wirklich Menschen kommen, dauert es sicherlich länger", sagt Janik, "das ist ein langes Prozedere".

Aber für ihn geht es auch um eine politische Frage. Es fänden sich immer mehr Städte bereit, Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. "Oft heißt es doch, wir können nicht mehr Menschen zu uns lassen, da tut ein solches Zeichen gut, und deshalb sehe ich das Hilfsangebot als wichtiges politisches Signal, um all denjenigen Menschen in der Bundesregierung den Rücken zu stärken, die sich dafür einsetzen, dass Menschen, die wir ansonsten im Stich lassen würden, hierher kommen." Das Willkommensangebot aus den Kommunen sei für sie ein wichtiger Rückhalt.

Auch die Symbolik zähle. Denn das schnelle Aufnahmeangebot vieler Städte habe bereits dazu geführt, dass die Schutzsuchende schneller nach Deutschland kommen konnten. Der Bund habe begonnen, seine Haltung zu verändern und mehr Menschen aus Afghanistan die Ausreise nach Deutschland zu erlauben. So hat die Bundesregierung den Einsatz von bis zu 600 Bundeswehrsoldaten bei der Evakuierungsaktion im afghanischen Kabul beschlossen.

"Offen gestanden", ergänzt Janik, "ist es gar nicht so entscheidend, ob die Menschen dann in drei Wochen oder in drei Monaten in Erlangen ankommen, Hauptsache sie sind möglichst schnell aus Afghanistan heraus."

Kapazitäten zur Aufnahme sind vorhanden

Wenn die Schutzsuchenden dann kommen, ist alles bereit, die Kapazitäten sind vorhanden, sagt Janik. Dabei will er nicht nur Ortskräfte nach Erlangen holen, sondern natürlich auch deren Familien, Kinder und Frauen: "Ich bin nicht dafür, so einen ganz engen Begriff dazu gelten zu lassen", sagt er, "denn am Schluss ist es den Taliban egal, ob es unsere Definition von Ortskraft erfüllt oder nicht."

Entscheidend sei vielmehr, ob sie in den Augen der Taliban mit der Bundeswehr oder der Nato zusammengearbeitet haben oder nicht. "Und wenn ja, sind sie, aber auch deren Familien in Gefahr und dann müssen wir ihnen das Angebot machen, sie da herauszuholen und bei uns aufzunehmen."

Seit dem Ende des Nato- und Bundeswehreinsatzes in Afghanistan versinkt das Land in Chaos, der Staat wird in rasender Geschwindigkeit von den Taliban immer mehr überrannt.

2 Kommentare