Behörde verwehrt Flüchtling in Erlangen die Ausbildung

24.11.2017, 06:00 Uhr
Behörde verwehrt Flüchtling in Erlangen die Ausbildung

© Klaus-Dieter Schreiter

Das Ausbildungsjahr hat vor fast drei Monaten begonnen - und seitdem könnte Bahar R. bei einem renommierten Erlanger Handwerksbetrieb in der Lehre sein. Das Unternehmen würde den Flüchtling aus Afghanistan gerne einstellen, bereits im März lag ein Ausbildungsvertrag zwischen der Firma und Bahar R. vor. Der Chef hatte sich in der Angelegenheit sogar an den in Erlangen lebenden bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gewandt. Doch alles vergeblich.

Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) Mittelfranken in Zirndorf hat in seinem Bescheid, der dieser Redaktion vorliegt, dem hierzulande gut integrierten Heranwachsenden eine - wie es offiziell heißt - "Beschäftigung in Form einer Berufsausbildung als Fliesenleger" abgelehnt. Die Begründung der Behörde: Bahar habe keine Personaldokumente vorgelegt; daher gelte seine Identität als nicht geklärt.

Laut Klaus Waldmann, der mit seiner Ehefrau Ursula den 17-jährigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling (UMF) in Erlangen seit Dezember 2016 als Pflegesohn betreut, sei das so nicht richtig. Die Familie habe über dessen Vater in Kabul "unter Lebensgefahr " eine Kopie von Bahars Tazkira, dem üblichen Identitätsdokument in Afghanistan, besorgt. Über die Beanstandung der ZAB, es handle sich nicht um ein Original, schüttelt der Ingenieur nur den Kopf: "Bahars Eltern sind beide Analphabeten aus einem Provinzkaff, wie sollten sie in der Lage sein, diese komplizierten Vorgänge zu bewältigen?

Mit dem Behördenbeschluss bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen, die Ursula und Klaus Waldmann in den EN vor Monaten geäußert hatten: dass Bahar keine Erlaubnis für eine Ausbildung bekommt und daher für ihn auch die sogenannte Drei-plus-zwei-Regelung nicht greifen kann.

Diese Bestimmung besagt, dass Geflüchtete während einer dreijährigen Ausbildung geduldet werden und anschließend für zwei Jahre Aufenthaltsrecht erhalten. Klaus Waldmann vermutet hinter solchen Entscheidungen eine klare Strategie der bayerischen Politik: "Wenn die jungen Menschen erst gar keine Lehre beginnen dürfen, verwehrt man ihnen die Möglichkeit zur Integration und kann sie schneller abschieben." In der Zwischenzeit säßen die überwiegend jungen Männer herum und hätten nichts zu tun. Das wirke sich negativ auf die Motivation der Asylsuchenden aus.

Auch Bahars gesundheitlicher Zustand hat sich seit der Entscheidung verschlechtert. Er leidet an einer Depression, die behandelt werden müsse, berichtet der Pflegevater.

Bahar könne nicht verstehen, dass sein ganzes Engagement, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren, völlig umsonst gewesen sein soll, sagt Waldmann. Er hat, wie Ursula Waldmann, die selbst Lehrerin an der Wirtschaftsschule ist, durch seinen "unglaublichen Fleiß und Einsatz" trotz einer äußerst mangelhaften Schulausbildung in Afghanistan nun sogar einen qualifizierten Hauptschulabschluss geschafft.

Am Integrationswillen des Flüchtlings besteht ohnehin kein Zweifel: Beim TV 1848 zeigt er bei seinem Engagement Fitness und Teamfähigkeit. Und für die Waldmanns ist er längst zum Familienmitglied geworden