Bergkirchweih Erlangen: Rabiate Wildpinkler vor Gericht

9.9.2020, 11:30 Uhr
Bergkirchweih Erlangen: Rabiate Wildpinkler vor Gericht

© News5/Grundmann

"Wir hatten einen Kasten Bier und noch was anderes dabei". Bereits auf dem Weg zur Bergkirchweih wird ordentlich "vorgeglüht". Kein Wunder, dass zwei der jungen Männer schon beim Aufstieg um halb Fünf nachmittags ein dringendes Bedürfnis verspüren. Kurzerhand verlässt man die Hauptroute und nimmt einen Seitenweg.

Als das Duo einen störenden Bauzaun beiseite schiebt, um sich dahinter zwischen den Mülltonnen zu erleichtern, werden sie von zwei Mitarbeitern der dort ansässigen Schaustellerfirma angesprochen. Das sei Privatgrund und damit Hausfriedensbruch. Es kommt zum Wortwechsel, bis die Wildpinkler schließlich gehen.

Wenige Minuten später kommen die beiden mit ihren Kumpels zurück. Alle sind mit bis zu 1,8 Promille betrunken. Man trifft wieder auf die Mitarbeiterin und ihren rumänischen Kollegen. Anfangs versucht einer aus der Gruppe noch, die Eskalation zu verhindern. Es gelingt ihm nicht. Erst wird der Saisonarbeiter geschubst, dann seine Kollegin bespuckt, eine tätliche Beleidigung. Ein Faustschlag lässt die Lippe des Rumänen bluten. Weitere Attacken mehrerer Jugendlicher kann das Opfer der gemeinschaftlichen und damit gefährlichen Körperverletzung noch abwehren. Bis ihn ein Haken und eine Faust an der Schläfe treffen und er ins Taumeln gerät. Eine Beule, blaue Flecken, Schürfwunden und Schmerzen sind die Folgen.

Tritte gegen den Oberkörper

Doch bleibt es nicht bei reinem "Handwerk". Einer der jungen Männer tritt mehrfach gegen den Oberkörper des Saisonarbeiters. Ein anderer nimmt Anlauf und springt "matrixmäßig", die Füße voran, auf die Schausteller. Dabei verletzt er beide an den Oberschenkeln. Zum Verhängnis wird den Jugendlichen, dass der Vermieter des Geländes eine Überwachungskamera angebracht hat, die das Geschehen am hellichten Tag aufzeichnet. Denn "es gab wenige Zeugen", erklärte eine Streifenpolizistin. Zudem werden bei einem der Wildpinkler am selben Tag und vier Monate später Ecstasy-Tabletten gefunden.

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Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz Martin Waschners wandte in beiden Verfahren aus erzieherischen Gründen Jugendstrafrecht an. Den Matrix-Imitator verurteilte man zu 13 Monaten Jugendstrafe zur Bewährung – inklusive eines früheren Urteils. Überhaupt zeigte sich, dass alle schon Bekanntschaft mit Polizei und Justiz gemacht hatten.

Entweder ging es um Drogendelikte, um Verkehrsverstöße oder um Diebstähle. Ein zweiter Schläger muss ein ganzes Wochenende im Freizeitarrest absitzen. Der dritte Angreifer erhielt eine Geldauflage von 900 Euro und 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Die beiden Wildpinkler kamen mit Geldauflagen von jeweils 300 Euro und 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon. Ein weiterer Angeklagter begab sich vorab in eine sechsmonatige Drogentherapie und kann bei erfolgreichem Abschluss und zweijähriger Straffreiheit einen Prozess vermeiden. Allen Jugendlichen mit Ausbildungs- oder Arbeitsplatz wurde verboten, diesen selbstverschuldet zu verlieren. Wer sich nicht daran hält, dem drohen bis zu vier Wochen Ungehorsamsarrest.

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