Bilder des Aufbruchs in die Fremde

23.2.2011, 00:00 Uhr
Bilder des Aufbruchs in die Fremde

© Bernd Böhner

„out of erlangen“, das Motto, das die Kuratorin Barbara Leicht für ihre eindrucksvolle Ausstellung der künstlerischen Nestflüchter im Kunstmuseum gewählt hat, steht durchaus für eine gesunde Reaktion des kreativen Nachwuchses. Die lautet „Nichts wie weg hier“ und ist irgendwie ortsunabhängig. Ein Experiment mit offenem Ausgang, einschließlich der möglichen Rückversicherung.

Inzwischen sind die meisten von ihnen nicht mehr ganz so jung – ohnehin heute ein relativer Begriff –, und auf einen Nenner bringen lassen sie sich sowieso nicht. Gemeinsam aber ist ihnen eine Offenheit für Experimente mit den Medien der Malerei, der Fotografie, der Grafik und der Bildhauerei, unbelastet von der Tradition.

Die Auseinandersetzung mit der klassischen Moderne, die noch die Vätergeneration beschäftigt hatte, haben sie an die Kunstgeschichte verwiesen.

Interessant ist, dass das klassische Wandbild wieder zu neuen Ehren gelangt, allerdings nicht unbedingt mit den Mitteln der Malerei, sondern als Computerdruck und Fotografie. Ein weites Feld von Andre Kirchners Foto-Reportage „Hello Berlin“ über die selbstgebauten Unterkünfte der Obdachlosen, die Stefan Bressel in Los Angeles gefunden hat, bis zu großformatigen Haiti-Motiven Robert Voits: die Entdeckung des Exotischen in der Zivilisation. Susanne Kriemann verfolgt mit ihrer Serie von Fotografien, die Agatha Christie auf einer Orientreise mit ihrem Ehemann, einem Archäologen, aufgenommen hatte, ein archivalisches Konzept der detektivischen Spurensuche. Martin Vosswinkel relativiert mit seinen „Sehstücken“ die Grenze zwischen Fotografie und Malerei: In der äußersten formalen Reduktion wird die Abstraktion wieder gegenständlich, das objektive Motiv zum subjektiven Stimmungsbild.

Anders als bei den fotografischen Arbeiten präsentiert sich die Malerei mit kontrastierenden Lösungen. Helmut Lobenwein errichtet in schrillen Farben seine private Mythologie. Christoph Preussmann nutzt für seine pointilistisch gezeichneten und gemalten Körperteile den Realismuseffekt der fotografischen Unschärfe. Originell sind die Künstlerbücher Michael Jordans mit ihren vom Comic inspirierten Bilderzählungen.

In der Plastik dominiert Franziska Uhl mit Torsi, in denen sich Fundstücke aus der Natur und künstlerische Gestaltung vermischen. Birgit Nadrau erneuert die Kunst des Reliefs mit beidseitig bearbeiteten Alublechen, Kompositionen, in denen Alltags- und Phantasiewelten vereinigt sind.

Fragmentierte Insekten

Installationen spielen nur eine Nebenrolle, obwohl Peter Pohls entomologisches Kabinett mit seinen fragmentierten Insekten und fluoreszierenden Panzerformen zu den hervorstechenden Arbeiten gehört. Ralph Zollers Gartenhäuser haben dagegen zu viel von Bastelei an sich, und Rolf Giegolds Klanginstallation leidet schwer an mentaler Verstopfung, der Erbkrankheit vieler Installationen.

„out of Erlangen“, das meint allgemein ausgedrückt eine Bewegungsform mit langer Tradition: den Aufbruch aus der Provinz ins Zentrum. Für sieben von den siebzehn Ausstellern heißt es Berlin, dessen Nimbus als selbsternannte Kulturhauptstadt schon etwas verblasst ist. Drei von ihnen leben in München, Frankfurt und Sydney. Die übrigen sind nur in der Provinz umgezogen, die bekanntlich überall ist und schon zur Gegenbewegung aufgerufen hat: „out of berlin“.

„out of erlangen“. Kunstmuseum Erlangen im Loewenichschen Palais, Nürnberger Straße 9. Bis 6. März, Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr, Sa./So. 11 bis 16 Uhr.