Bohlenplatz als Partyzone in Erlangen fast alternativlos

21.6.2016, 12:00 Uhr
Bohlenplatz als Partyzone in Erlangen fast alternativlos

© Rainer Windhorst

Zu Beginn jedes Semesters organisieren Studenten Erstsemesterveranstaltungen für die Neuankömmlinge. Dabei sollen diese auch das Nachtleben kennen lernen. Bei den Medizinern ist es beispielsweise Tradition, dass sich die „Neuen“ am ersten Montag im Semester für eine Rallye treffen. Ab sechs Uhr ziehen sie durch die Innenstadt, um sich untereinander und Erlangen als neuen Wohnort kennen zu lernen. Dabei gibt es bei allen relevanten Unigebäuden verschiedene Spiele – viele davon mit Alkohol.

Platz für einen längeren Zwischenstopp an der frischen Luft gibt es für die knapp 150 Studenten kaum. Der Schlossgarten wird zwar genutzt, ist aber nur bis 20 Uhr geöffnet. Außerdem herrscht dort ein striktes Alkoholverbot. Der einzig andere mögliche Ort in der Innenstadt ist der Bohlenplatz.

Lucas Hoffmann studiert Medizin im vierten Semester und ist einer der Party-Veranstalter. Er erklärt, dass die Mediziner zwar am Bohlenplatz Trink-Spiele spielen, aber diesen pünktlich um 22 Uhr verlassen und Kneipen aufsuchen. Zusammen mit den anderen Organisatoren sorgt er dafür, dass der Müll weggeräumt wird, bevor die Partygruppe den Platz verlässt. Wenn sich während des Feierns Anwohner über etwas beschweren, kommen die Studenten deren Aufforderungen nach.

Ein Problem sind allerdings die vielen "Trittbrettfahrer". Das sind Feierleute, die gar nicht zu den Erstsemestern dazugehören, sich aber einfach anschließen. Diese hören auch nicht auf die Organisatoren und feiern auch nach 22 Uhr am Bohlenplatz weiter.

Hoffmann kann die genervten Anwohner gut verstehen, vor allem, weil die Partys unter der Woche stattfinden. "Für uns ist der Bohlenplatz auch nur eine Notlösung. Wir möchten nicht mit den Anwohnern auf Kriegsfuß stehen. Aber für so viele Studenten gibt es ansonsten nirgendwo Platz." Der 21-Jährige zog dafür auch schon den Bürgermeistersteg in Erwägung, nur leider ist dieser für die Rallyes zu weit von der Innenstadt entfernt. „Erlangen hat einfach nicht das Nachtleben für so viele Studenten“, meint er.

Verschiedene Erstsemesterrallyes, der Berganstich und Veranstaltungen wie die Fachschaftszusammenkunft aller Zahnmediziner aus Deutschland vor wenigen Wochen führen zu diesen Großveranstaltungen. Darüber hinaus gibt es bei gutem Wetter auch kleinere Gruppen, wie zum Beispiel die Musiker, die am Bohlenplatz ihre Zeit verbringen.

Etwa zehn Studenten treffen sich dort regelmäßig zum Musizieren. Zu den Musikern gehört auch Lucas Weißenborn. Für seine kleine Gruppe wäre zwar auch im angrenzenden Wohnheim Platz, aber bei gutem Wetter ist es draußen viel schöner. Außerdem gibt es im Wohnheim auch noch einige Personen, die lernen wollen und von Musik abgelenkt werden.

"Unsere Generation wird zunehmend kritisiert. Es heißt, wir würden uns nicht kulturell betätigen", meint Weißenborn. Seiner Meinung nach sollten die Leute froh sein, dass junge Menschen den Bohlenplatz für kulturelle Zwecke nutzen. Der Pharmaziestudent sieht Musik als Kommunikationsform. "Man lernt neue Leute kennen und hat gemeinsam Spaß. Wir kümmern uns nicht um Nationalitäten oder politische Einstellungen. Jeder kann mitmachen, egal ob Anfänger oder semiprofessioneller Musiker. Mitsingen oder ein Rassel-Ei schütteln kann jeder."

Selten spielen die jungen Erwachsenen noch nach 22 Uhr. "Selbst dann kann man einfach mit uns reden. Wir sind auch Menschen. Wenn sich jemand von uns gestört fühlt und uns das höflich mitteilt, ziehen wir halt weiter und spielen woanders." Doch eine wirkliche Alternative gibt es in Erlangen derzeit nicht.

Was die Studenten an der aktuellen Situation zusätzlich bedauern, ist, dass Beschwerden kaum von Anwohnern persönlich kommen. Wer schließlich erst in der Zeitung davon erfährt, dass er stört, kann niemals rechtzeitig darauf reagieren.

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