Erneuter Krisenmodus

Corona sorgt bei Erlanger Kultur für Ärger und Verdruss

23.11.2021, 17:00 Uhr
Noch vor wenigen Wochen sah das so aus: Die Band "Lumpenpack" spielte vor "maskiertem" Publikum im ausverkauften E-Werk-Saal. Damit ist erstmal Schluss.

© Thomas Schiffmann, NN Noch vor wenigen Wochen sah das so aus: Die Band "Lumpenpack" spielte vor "maskiertem" Publikum im ausverkauften E-Werk-Saal. Damit ist erstmal Schluss.

Was nun? Quo vadis, Kultur? Das bayerische Kabinett hat in seiner gestrigen Sitzung die von Ministerpräsident Markus Söder vergangene Woche geforderten neuen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beschlossen. Das heißt konkret für die Kultur: Bis mindestens zum 15. Dezember dürfen Kulturveranstalter nur eine 25-prozentige Auslastung ihrer Räumlichkeiten mit Besuchern zulassen, welche gemäß der 2Gplus-Regel selbst als Geimpfte und Genesene zusätzlich noch einen aktuellen, offiziellen, negativen Test (kein privater Schnelltest!) an der Kino- oder Theaterkasse vorlegen müssen.

Annehmbare Zahlen

Für manche Kulturanbieter ist gerade die geringe Auslastungszahl der Knackpunkt: „Uns bleiben damit gerade mal 30 mögliche Gäste, und das ist nicht wirtschaftlich“, sagt „fifty fifty“-Vorständin Meike Walter, „erst ab 80 verkauften Karten kommen wir überhaupt erst auf eine schwarze Null.“ Gerade in den unmittelbar zurückliegenden Wochen habe man, „nach den Desaster-Monaten September und Oktober“, wieder annehmbare Zuschauerzahlen gehabt.

Auch Kabarettist Mathias Tretter wird so schnell nicht wieder im "fifty fifty" auftreten.

Auch Kabarettist Mathias Tretter wird so schnell nicht wieder im "fifty fifty" auftreten. © Harald Hofmann, NN

„Die beste Zeit für Kabarett sind die Wintermonate“, erklärt Walter, weshalb, so mutmaßt sie, die staatlichen Fördergelder als finanzielle Hilfen für die Kleinkunstbühne „relativ hoch“ sein könnten. Die direkte Konsequenz der neuen Regeln ist aber sonnenklar: „Wir schließen das ,Fifty‘ bis zum 15. Dezember.“ Wenn man ehrlich sein wolle, dann müsse man konstatieren, so Walter, „dass wir frühestens im März wieder Normalzustand haben.“

Das Theater Erlangen sagt vorerst nichts ab. Zwar dürfen jetzt nur noch 18 Personen in der „Garage“ und knapp 120 im Markgrafentheater Platz nehmen, „aber wir haben verständnisvolle, relativ treue Zuschauer, zum Großteil Abonnenten“, betont Öffentlichkeitsarbeiterin Doreen Urbanczyk.

Das Theater Erlangen hält daran fest: Das Weihnachtsmärchen "In einem tiefen, dunklen Wald..." soll stattfinden.

Das Theater Erlangen hält daran fest: Das Weihnachtsmärchen "In einem tiefen, dunklen Wald..." soll stattfinden. © Jochen Quast, NN

Auch für das Weihnachtsmärchen (Premiere ist am kommenden Samstag) ist man, gerade im Hinblick auf die vormittäglichen Aufführungen für Schulklassen, verhalten optimistisch: „Es gab zwar ein paar Absagen, aber es sind nach wie vor Buchungen da. Die Kinder sitzen mit Abständen und Masken, das ist mit den Schulen so abgesprochen.“ Ansonsten müsse man „gucken, wie sich die Lage entwickelt“.

Spielt jetzt erst im März im GVE-Konzert Klavier: Pianist Igor Levit.

Spielt jetzt erst im März im GVE-Konzert Klavier: Pianist Igor Levit. © Felix Broede/Sony Classical, NN

Nägel mit Köpfen hat man gleich beim Konzertveranstalter GVE gemacht: Das Konzert des Signum Quartetts im Palais Stutterheim findet nur – bei ursprünglich verkauften 90 Karten – für 31 Abonnenten statt, der Klavierabend mit Igor Levit am 30. November wurde bereits auf den 18. März 2022 verschoben, das Konzert des Schumann Quartetts am 1. Dezember wurde in den Redoutensaal verlegt, und über die Modalitäten des Auftritts des National Symphony Orchestra of Ukraine am 6. Dezember – anderer Ort? Doppelkonzert? – macht man sich noch Gedanken. „Unsere Veranstaltungen sind eh nie wirtschaftlich“, sagt GVE-Geschäftsführer Julian Fischer, „aber wenn die Entwicklung der Corona-Zahlen nicht gebremst wird, und im Winter wird es ja nicht besser, dann machen wir wahrscheinlich nicht weiter.“

Die Party „Return of the 90ies“ am vergangenen Freitag im E-Werk war ausverkauft – doch nur die Hälfte der Kartenbesitzer kam dann tatsächlich. Das Unbehagen hat jetzt auch die Jüngeren gepackt. Also: Keine Partys mehr und keine Stehkonzerte bis 15. Dezember – diese Losung haben die E-Werk-Verantwortlichen ausgegeben.

Das waren noch Zeiten, als die vielköpfige Brass-Band "Meute" die Massen im E-Werk begeisterte.

Das waren noch Zeiten, als die vielköpfige Brass-Band "Meute" die Massen im E-Werk begeisterte. © Klaus-Dieter Schreiter, NN

Das Kulturzentrum mit seinen diversen, kleineren wie großen Veranstaltungsformaten, den vielen Gruppen und den unterschiedlich großen, mal bestuhlten, mal unbestuhlten Räumlichkeiten muss sich zudem erst noch sortieren, „wir müssen das uns Betreffende aus der Verordnung erst rauslesen“, wie Programmleiter Holger Watzka sagt. Aber eines sei schon jetzt klar: „Die Kurzfristigkeit des Ganzen ist echt ein Knaller.“ Verlegungen von Veranstaltungen von einem in den anderen Raum seien zwar möglich, „aber von einer Wirtschaftlichkeit sind wir bei den maximal möglichen Besucherzahlen weit entfernt.“

Es käme jetzt alles auf den Prüfstand, so Watzka, selbst die Schließung des Hauses bis 15. Dezember und Kurzarbeit der Mitarbeiter stünden zur Disposition. „Es zerreißt uns gerade wieder mal.“

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