Der "Sonnenstein" in Neunkirchen strahlt wieder

1.11.2018, 11:00 Uhr
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© Foto: Ernst Wölfel

Entstanden ist das Werk im November 1957. Es war schon bitter kalt, als Felix Müller es draußen im Freien schuf, das Flurdenkmal, den "Sonnenstein" an der Weggabelung nach Rosenbach und Ebersbach, in der Nähe zum Erleinhof. Über all die Jahre Wind und Wetter ausgesetzt, war die Substanz des Marterls stark gefährdet. Initiiert vom Ortsheimatpfleger, beauftragt von der Marktgemeinde wurde das Flurdenkmal kürzlich vom ortsansässigen Steinmetzmeister gereinigt und restauriert.

Der Stein steht ganz in der Tradition der regionalen Flurdenkmale, ist aber mit seinen symbolreichen Reliefdarstellungen ein für Felix Müller typisches Werk. Das Bildprogramm stammt aus der christlichen Glaubenswelt. Die Vorderseite erzählt von der Passion Jesu und dem Schmerz seiner Mutter über den Leidensweg des Sohnes, die Rückseite — im Lauf der Jahrzehnte stark verwittert — beschreibt in einem flacheren Relief das Wirken Gottes in der Natur.

Das Relief der Vorderseite erinnert entfernt an eine mexikanische Inka-Gottheit; Felix Müller sprach deshalb wohl auch von seinem "Sonnenstein". Die äußere Form gleicht den früher auf den Feldern zum Trocknen aufgestellten Garben. Zentral in Herzform dargestellt ist das Antlitz Jesu, geborgen in den Händen Mariens, seiner schmerzhaften Mutter. Deren Antlitz darüber ist umrahmt von Getreideähren, Sonnenstrahlen gleich, und gekrönt von sieben Mohnblumen, die symbolhaft für die "Sieben Schmerzen Mariens" stehen.

Im unteren Teil des Steins sind fünf Medaillons angeordnet, die fünf Geheimnisse des Schmerzhaften Rosenkranzes abbildend. Ein Schriftband mit dem Text "Schmerzhafte Mutter, bitte für uns" bezieht sich auf das Dargestellte. Ganz unten am Bildstock die Schlange des Paradieses, Symbol der Ursünde, die Christus mit seinem Opfertod überwunden hat.

Gestiftet wurde das Denkmal von Margarete Harrer. Sie wurde 1878 in Neunkirchen geboren und stammte aus dem Erleinhof. Dort im elterlichen Hof verbrachte sie eine glückliche Kindheit, wurde Ordens- und Krankenschwester. Sie starb 1967. Zum Dank und aus Verbundenheit mit der Heimat hat sie – trotz ihrer bescheidenen finanziellen Verhältnisse — Felix Müller gebeten, das Flurdenkmal zu schaffen; aufgestellt ist es in der Nähe zu ihrem Elternhaus. Über sein Honorar schreibt der Künstler: "Zum Schluß, als ich abrechnete, blieben mir 25 Märker." und weiter: "Die alte Frau hatte keinen Heller".

So freudig-dankbar von der Stifterin gedacht, war der Stein in den frühen 1970er Jahren Ort eines tragischen Verkehrsunfalls mit zwei Toten – es waren junge Studenten. "Der Stein mitten entzwei. Der Sockel aber, der schaute aus wie ein mexikanischer Opferaltar, voller, voller Blut." Es dauerte Jahre, bis der Stein wieder aufgestellt wurde. "Nach ein paar Wochen fuhr aber wieder in der Nacht ein Kerl drauf los. Der Karren kaputt, das Mal ebenso. Jetzt dauerte es wieder ein Jahr, bis der Stein aufgestellt wurde. Auf der anderen Straßenseite. Doch hatten die Maurer das Gesicht so verschmiert mit Zement, daß es ein Graus war", so Felix Müller.

Insbesondere der erste Unfall hat Felix Müller sehr belastet. Verzweifelt über dieses Ereignis schreibt er damals an seine Frau Gertrud: "Was bewegte mich alles. Bin ich schuld? Der Stifter? Der Fahrer? Alles unverzeihlich. Ach könnten wir doch in der Hand des Schicksals, das immer wieder zuschlägt, doch lesen."

 

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