Deshalb muss uns der verregnete Mai glücklich machen

18.5.2021, 12:30 Uhr
Deshalb muss uns der verregnete Mai glücklich machen

© Foto: Felix Röser

Wie gut der Regen tut, kann man nicht hören. Und auch nicht sofort sehen. Im Gegenteil: Fallen die Tropfen, stellen die Vögel das Singen ein. Es wird still im Wald. Was bleibt ist das Rauschen der Blätter, das prasseln des Regens.

"Der Niederschlag ist für die Gesundheit der Bäume und des Waldes und damit für uns alle unheimlich wichtig", sagt Hans-Peter Dietrich vom Bayerischen Landesamt für Wald und Forstwirtschaft in Freising. Das Amt wird seit 1. August 2020 vom gebürtigen Erlanger Peter Pröbstle geführt. "Der Wald transpiriert, er hebt Wasser aus dem Boden und verdunstet es in die Atmosphäre. So entsteht Sauerstoff, den wir atmen. Damit dieses System funktioniert, benötigt der Wald Unmengen Wasser als Lebenselixier."

Jungbäume sterben

Was uns im Moment ärgert, wenn wir die neu gewonnene Freiheit genießen wollen und in den Biergarten fahren, freut die Bäume – gerade jetzt: Die vergangenen Monate waren trocken, viele Dürrejahre in Folge haben dem Wald geschadet: Schädlinge lieben heiße, trockene Sommer, Jungbäume sterben, die alten Bestände ächzen unter der Hitze und Trockenheit, verlieren ihre Widerstandskraft.

Gerade Franken, die Gegend um Erlangen, sagt Hans-Peter Dietrich, ist da ein Sorgenkind: Naturgemäß hat es in Südbayern deutlich mehr Niederschläge, hinzu kommt das Tauwasser aus den Bergen. "Dann ist die Speicherkapazität der Böden entscheidend. Hier haben wir gerade um Nürnberg viel Sandboden, der kann Wasser nicht gut halten." Die Folge: Stress und bitterer Überlebenskampf der Bäume.

Verschiedene Strategien gegen Stress

"Jeder Baum hat eine andere Strategie, um auf Trockenheit zu reagieren. Der Laubbaum etwa wirft seine Blätter ab, der Nadelbaum stoppt die Verdunstung und sichert das Wasser, das er hat", so Dietrich. Werden die Bäume einmal zu diesem Überlebenskampf gezwungen, ist das nicht tragisch. Passiert es aber häufiger, oder wie zuletzt beinahe jeden Sommer, wird es zum Problem: "Das schädigt den Wald nachhaltig."

Gerade diese Stressschäden sind laut Hans-Peter Dietrich in Franken vorhanden und ausgeprägter als anderswo in Bayern: "Das hat gerade bei den eigentlich sehr klimastabilen Bäumen wie Buche und Eiche ein Schadensausmaß angenommen, das wir so noch nicht gesehen hatten."

Steigende Temperaturen

Schuld sind vor allem die steigenden Temperaturen, die seit Jahren zunehmen. Die Niederschläge hingegen, beobachtet das Landesamt für Wald und Forstwirtschaft, bleiben seit Jahrzehnten beständig. "Mehr Hitze sorgt aber gleichzeitig für mehr Trockenheit, weil mehr Wasser verdunstet", so Dietrich. Besonders betroffen ist hier wieder: Franken.

Hoffnung macht nun der verregnete Mai, den wir gerade leidvoll erleben. Er kann retten, was in den vergangenen Monaten schief lief. So war der Winter 2020 sehr durchwachsen. Die Waldböden gingen trocken in die kalte Jahreszeit, der Regen des Frühwinters konnte die Speicher nur geringfügig füllen.

"Es ist ein Wechselbad"

Es folgte ein fast sommerlicher Februar mit ungewöhnlich hohen Temperaturen. Der April hingegen war ungewöhnlich kühl und entgegen der weit verbreiteten Annahmen erstaunlich niederschlagsarm. "Die Wälder erleben ein absolutes Wechselbad mit Spitzenwerten, gefolgt von Wetterextremen. Die machen uns zu schaffen, weil man sie kaum vorhersehen kann", so Dietrich.

Die schlechten Vorahnung für den nächsten anstrengend-trockenen Frühling aber haben sich nun nicht erfüllt – dem ergiebigen Regen sei Dank: "Seit drei Wochen erleben wir hier eine echte Entspannung und Beruhigung, wie wir sie seit vier bis fünf Jahren nicht mehr hatten", freut sich der Fachmann. "Die Bäume werden optimal vorbereitet auf den Sommer." Wie der dann wohl werden wird – das ist die nächste große Ungewissheit.

Wenn der nächste Regen kommt, sollten wir uns also nicht ärgern: Er ist überlebenswichtig. Und danach singen ja auch wieder die Vögel.

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