Eckental war "Laut gegen Rechts"

25.11.2014, 11:30 Uhr
Eckental war

© Astrid Löffler

Die Musik hat Esther Bejarano das Leben gerettet: Wäre sie nicht als Akkordeonistin in das „Mädchenorchester“ des Konzentrationslagers (KZ) Auschwitz aufgenommen worden, so wäre sie wohl elendig zugrunde gegangen, resümierte die 89-Jährige bei ihrer Lesung im Jugendtreff Gleis 3. Vom Grauen, das sie erlebt hat, berichtete die Hamburgerin in schnörkelloser Sprache und einprägsamen Bildern.

„Die Menschen winkten uns zu. Sie dachten sicher, wo die Musik spielt, kann es ja nicht so schlimm sein“, schilderte Bejarano, wie sie 1943 den Weg tausender ahnungsloser Juden in die Gaskammern von Auschwitz erlebt hat, den sie am Akkordeon begleiten musste. Um auf dem Schwarzmarkt einen wärmenden Pullover zu bekommen, habe sie eine Woche gehungert, erinnerte sich die Seniorin. Schließlich habe sie dafür ihre komplette Nahrungsration in Form eines Laibs Brot abgeben müssen.

Glück im Unglück

Trotz der furchtbaren Erinnerungen Bejaranos schwingt in ihren Texten auch Dankbarkeit und Zuversicht mit, ist oft von Glück die Rede. Das habe zum Beispiel darin bestanden, dass sie nach einem Monat härtester körperlicher Arbeit im KZ Auschwitz die Kolonne wechseln konnte, dass sie die Aufnahme ins Mädchenorchester schaffte – obwohl die einstige Klavierschülerin noch nie zuvor auf einem Akkordeon gespielt hatte – und dass sie nach Ravensbrück kam, wo sie für Siemens Schalter für U-Boote zusammenbaute.

Bejarano las mit fester Stimme. Erst mit zunehmender Sprechzeit musste sie sich öfter räuspern und husten. Dass die zweifache Mutter nur 1,50 Meter misst, fiel auf der großen Bühne keinen Moment auf – auch nicht als später Sohn Joram am Bass und Sänger Kutlu Yurtseven von der Hip-Hop-Band „Microphone Mafia“ neben Esther Bejarano standen. Stattdessen strahlte sie eine enorme Präsenz und Entschlossenheit aus, etwa als sie das trotzig-fröhliche Lied „Mir lebn ejbig“ (Wir leben ewig) sang oder mit geballter Faust „Avanti Popolo“ skandierte.

Bejarano und den 40-jährigen Yurtseven, der türkische Eltern hat und in Köln aufgewachsen ist, eint die feste Überzeugung, dass rassistische Gräueltaten nie wieder vorkommen dürfen. Als „Bejarano & Microphone Mafia“ bieten sie eine mitreißende Mischung aus Klezmer, alten Arbeiterliedern und Hip Hop, singen und rappen deutsch, hebräisch, italienisch, jüdisch und türkisch und beweisen so, dass ein friedliches Miteinander der Kulturen funktionieren kann.

Vielfältiges Programm

Der Vorschlag, Bejarano & Microphone Mafia nach Eschenau zu holen, stammt von einem Mitglied des gut 20-köpfigen Arbeitskreises, der die Veranstaltung Laut gegen Rechts in diesem Jahr organisiert hat. „Die jungen Menschen hatten nur die Vorgabe, eine Jugendkulturveranstaltung mit inhaltlicher Aussage auf die Beine zu stellen. Das Wie konnten sie weitgehend selbst entscheiden“, berichtete Helge Höppner, Jugendarbeiter beim Landratsamt Erlangen-Höchstadt. Schnell habe sich herauskristallisiert, dass es nicht bei einem reinen Konzert wie oft in den Vorjahren bleiben sollte, sondern dass Ausstellungen, Führungen und Vorträge das Programm bereichern sollen, ergänzte Daniela Deininger vom Jugendbüro Eckental.

Bürgermeisterin Ilse Dölle lobte die insgesamt zehnstündige Veranstaltung mit 200 Gästen als ein „Zeichen gegen die Dunkelheit und das Grauen des Rechtsextremismus“. Die Politikerin dankte außerdem den beiden Sponsoren – der Sparkasse Erlangen und der Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken – die dieses abwechslungsreiche Angebot erst ermöglicht hätten.

Der Leiterin des Jugendbüros Eckental, Ina Zänkmann, war es außerdem wichtig zu betonen, wie viele verschiedene Akteure Laut gegen Rechts zusammengebracht hat – angefangen von den Jugendlichen und den sie betreuenden Sozialarbeitern über das Gymnasium und die Mittelschule bis hin zum Seniorenbeirat Eckental.

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