Eckentaler startet von Florida zum Traumberuf durch

Scott Johnston

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1.5.2021, 18:00 Uhr
Alles roger: Felix Schwab aus Eckental (rechts) bespricht mit Copilot Janik Schöning, der am Bodensee aufgewachsen ist, das nächste Flugmanöver über dem Golf von Mexiko.

© Sammlung Schwab Alles roger: Felix Schwab aus Eckental (rechts) bespricht mit Copilot Janik Schöning, der am Bodensee aufgewachsen ist, das nächste Flugmanöver über dem Golf von Mexiko.

Die dortige Flugschule gehört Hans-Jürgen Seibert, einem Lufthansa-Piloten im Ruhestand, der eine Kooperation mit der Universität in Worms aufbaute. An dieser studiert Schwab derzeit nach dem dualen Modell Betriebswirtschaftslehre, verbunden mit der Verkehrspiloten-Ausbildung.

In zwei Blöcken absolvierte der 20-Jährige seit August vergangenen Jahres insgesamt 90 Flugstunden in den USA. Neben der Theorie musste er zahlreiche Übungen am Flugsimulator und in der Luft bewältigen.

Dabei sind Kleinflugzeuge im Einsatz, deren Cockpits wie die großen Verkehrsmaschinen ausgestattet sind. Erst mit der späteren Anstellung bei einer Airline erfolgen die Einweisungen für die Flugzeugtypen, mit denen er dort abhebt.

Abgeklebte Instrumente

Nicht allein der Umgang mit den zahlreichen Hightech-Geräten, die heute in den Fliegern eingebaut sind, sondern auch das Beherrschen kniffliger Situationen ist neben den unterschiedlichsten Flugmanövern Teil der Ausbildung. Um beispielsweise zu lernen, was bei einem Ausfall der Instrumente zu tun ist, werden diese abgeklebt, denn gegebenenfalls muss es auch ohne gehen.

Die modernen Triebwerke sind zwar gut geschützt, eine tausendprozentige Sicherheit, dass sie nicht doch einmal versagen oder beschädigt werden, gibt es freilich auch hier nicht, wie die Geschichte der Luftfahrt zeigt. Einen solchen Notfall trainiert der Pilot ebenfalls mit einem einfachen Trick: Er schaltet den Motor aus. Durch das regelmäßige Training ist er mental auch auf unwahrscheinliche, aber nicht auszuschließende Zwischenfälle vorbereitet. Gleichzeitig gehen die richtigen Handgriffe in Fleisch und Blut über.

Respekt, aber keine Angst

Am Anfang saß der Fluglehrer neben oder hinter ihm, danach bestand Kontakt über Funk. "Angst darf man vor dem Fliegen natürlich nicht haben. Allerdings ist Respekt vor dem, was passieren kann, geboten", hebt Felix Schwab hervor. Ganz wichtig sei, keine unnötigen Risiken einzugehen – schließlich steht im Ernstfall nicht nur das eigene Leben, sondern auch das hunderter Passagiere und des Begleitpersonals auf dem Spiel.

Hierfür hat sich Schwab ein Motto gewählt, das ihm auch sonst schon oft geholfen hat: "Es existiert stets eine zweite Option!" Konkret heißt das: Wenn das Wetter zu schlecht ist, muss eben gewartet werden; taucht ein Gewitter auf, umfliegt der Pilot es auch mit einem großen Flugzeug, das deutlich robuster ist als ein Viersitzer; registriert er trotz der akribischen Wartung einen zu starken Schaden, bleibt nur die Landung auf dem nächstgelegenen Flugplatz.

Und auch bei seiner beruflichen Zukunft hat der Eckentaler an die zweite Option gedacht. In der Vergangenheit bewirkten Ereignisse wie die Anschläge auf das World Trade Center oder die Finanzkrise, dass der Luftverkehr und damit die Nachfrage nach Piloten zurückging. Die momentane Pandemie schlägt noch erheblich mehr durch. Außerdem wird es angesichts des Klimawandels darauf ankommen, das Fliegen umweltfreundlich zu gestalten.

"Pure Freude"

Daher hat sich Felix Schwab für die Kombination mit Betriebswirtschaftslehre entschieden, um nach dem Studium über Alternativen zu verfügen. Trotzdem wäre es für ihn der Traum, irgendwann einen Airbus oder eine Boing zu steuern. "Ich kann mich an keine einzige Minute erinnern, wo mir das Fliegen keinen Spaß gemacht hat. Es ist einfach mein Ding. Für mich wäre der Beruf des Piloten keine Arbeit, sondern pure Freude", bekennt er sich bei dieser Frage eindeutig zur ersten Option.

Und wie infizierte er sich mit diesem Virus der etwas angenehmeren Art? Es war anno 2014, als der begeisterte Geigenspieler noch das musische Christian-Ernst-Gymnasium in Erlangen besuchte und sich innerhalb des Ferienprogramms der Stadt für einen Schnupperkurs am Hetzleser Berg anmeldete.

Gleich darauf startete er durch, trat dem Flugsportverein Erlangen-Nürnberg bei, erwarb die Lizenz für den Segelflug und gehörte bereits 2018 dem bayerischen Leistungskader für den Streckensegelflug an. Auf weitere sportliche Erfolge verzichtete er nach einem Jahr zugunsten seiner beruflichen Entwicklung.

Ein ganzer Pack an Lizenzen

Inzwischen besitzt er die Fluglehrererlaubnis für den Segelflug und ist Jugendleiter des Vereins. Auch beim Motorflug reiht sich längst eine Lizenz an die andere.

Und wenn der junge Eckentaler die Fotos zeigt, die er in Amerika aus luftiger Höhe geschossen hat, fällt es dem Betrachter schwer, sich nicht gleichermaßen von diesem Virus anstecken zu lassen. Da lösen sich die Wolkenkratzer von Miami mit den Koralleninseln der Florida Keys, den Everglades, dem Mississippi-Delta und dem nächtlichen Lichtermeer von Orlando ab. In solchen Augenblicken ist das Gefühl der Freiheit wohl tatsächlich grenzenlos – ob über oder ganz ohne Wolken.

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