Ein Remis als Trostpflaster für den TV 48 Erlangen

29.11.2018, 11:04 Uhr
Gegen den unbezwingbar erscheinenden Tabellenführer errang der Tabellenletzte ein Unentschieden. Im Bild: Julian Dreyer (rotes Trikot) gegen Pedro Mejias.

© Harald Sippel Gegen den unbezwingbar erscheinenden Tabellenführer errang der Tabellenletzte ein Unentschieden. Im Bild: Julian Dreyer (rotes Trikot) gegen Pedro Mejias.

Alle blicken in die Mitte. Der Ring ist hell erleuchtet, ein großer Strahler hängt von der Decke. Die Halle, die Zuschauer, alles andere liegt im Dunkeln. Im Zentrum zwei Hünen. Es ist ein wahrer Kampf. Beide taktieren, ringen um jeden Zentimeter. Kurz herrscht Stillstand. Die Muskeln sind angespannt, das Herz pocht. Dann explodiert die Szenerie.

Ein Griff, eine falsche Entscheidung, die Zuschauer schreien, schon liegen knapp 100 Kilogramm Muskelmasse auf dem Boden. Nach 54 Sekunden ist alles vorbei. Patrick Kellers hat den Kampf gewonnen, es war sein erster Schultersieg in dieser Saison, sein zweiter Punktgewinn überhaupt. Und das gegen diesen Gegner. Die Erlanger hatten es am Samstagabend mit dem noch ungeschlagenen Tabellenführer zu tun. Selbst hatte der Turnverein in dieser Bayernliga-Saison noch keinen einzigen Punkt geholt. Auch gegen die Wettkampfgemeinschaft Bindlach/Bayreuth war das nicht zu erwarten.

Doch dann holte Patrick Kellers in der Klasse bis 98 Kilogramm gegen Nico Ganzleben 4:0 Punkte, auch Delawari Khaled, Max Strampfer und Ralph Riedel gewannen ihre Kämpfe, Steffen Schmidt holte zudem konkurrenzlos die volle Punktzahl. Der Tabellenführer war geschlagen, erstmals musste er ein Unentschieden hinnehmen. Und erstmals in dieser Saison, die der Turnverein dennoch als Tabellenletzter beenden wird, gingen die Erlanger nicht mit leeren Händen aus der Halle.

"Das war der Tabellenerste, wir sind Letzter: Ich habe das so nicht erwartet. Das Unentschieden fühlt sich an wie ein Sieg", sagt Patrick Kellers. "Mein Gegner war ein bisschen leichter als ich, deshalb war es nicht so schwer", sagt Patrick Kellers. "Doch die Saison ist für mich bislang nicht so gut gelaufen, deshalb war mein Sieg überraschend." Danach musste der 22-Jährige seinen Teamkollegen zusehen. "Ich kämpfe lieber als zuzuschauen. Man kann nichts machen, wenn man draußen sitzt. Das finde ich immer besonders schwer." Besonders als der jüngere Bruder Jan gerungen hat, war es hart, "nicht helfen zu können". Patricks Kellers läuft dann nervös in der Halle auf und ab, im Dunkeln neben der Wettkampffläche.

Seit er ein kleiner Junge war hat Patrick Kellers gerungen, und auch immer schon beim Turnverein. "Ich kenne die Mannschaft schon sehr lange." Selbst jetzt, da er in Bayreuth studiert, kommt er für Wettkämpfe nach Erlangen. Nur ins Training hat es der Ringer in diesem Jahr noch nicht so häufig geschafft. "Das könnte ein Grund sein, warum es bislang nicht so gut gelaufen ist. Die Technik verlernt man zwar nicht. Doch in der zweiten Runde geht einem oft die Luft aus. Ringen ist wie ein Sprint mit allen Muskeln." Wie gut also, dass der Kampf diesmal keine Minuten lang dauerte.

Ein Remis als Trostpflaster für den TV 48 Erlangen

© Foto: Harald Sippel

"Die WKG Bindlach/Bayreuth ist Tabellenerster, die kommen aus der zweiten Bundesliga runter", sagt Johannes Hölzel, der ebenfalls mitgerungen hat. "Doch sie haben diesmal auch nicht ihre beste Mannschaft aufgefahren, auch wenn ein paar Bundesliga-Ringer dabei waren." Trotzdem: Die Leistung der Erlanger war überraschend stark. "Wir haben bei den Gewichtsklassen etwas verschoben." Und endlich hatte der TVE auch mal Glück. "Viele Kämpfe waren relativ eng in dieser Saison." Immer entschieden die Gegner auch die knappen Duelle für sich.

Gegen Bindlach/ Bayreuth war das anders. Ein Trostpflaster nach einer sonst so furchtbaren Saison. "Es ist auch Genugtuung", sagt Hölzel. Zwar ist die magere Punkteausbeute auch durch schwerwiegende Ausfälle zu erklären, "drei Punkte-Garanten fehlen uns", aufs Gemüt schlug der ausbleibende Erfolg dennoch. An sich gezweifelt aber haben die Ringer nie, wie Hölzel sagt. Auch Sorgen um den Klassenverbleib muss sich der Turnverein nicht machen.

Vor dieser Saison hat der Verband die Ligen neu eingeteilt, die Erlanger rutschten in die Bayernliga, die mit sechs Teams allerdings noch zu klein ist. Deshalb steigt selbst der Tabellenletzte nicht ab. "Eigentlich sollen es acht Mannschaften in der Liga sein", sagt Hölzel.

"Der Landesverband hat uns versichert, dass wir nicht absteigen." Die Erlanger wollen es in der neuen Saison wieder in der Bayernliga versuchen. "Dass sich Ringer verletzen, kann passieren, das kann auch anderen Mannschaften mal so gehen."

Seit drei Jahren ist die Mannschaft immer nur aufgestiegen. "Jetzt sind wir da angekommen, wo Ende ist", sagt Hölzel. Weiter hoch kann es für den Turnverein nicht gehen, "da fängt es richtig an mit bezahlten Ringern. Das ist nichts für uns." Die Bayernliga hingegen könnte genau das Richtige sein. Das haben die Erlanger im letzten Heimkampf der Saison erstmals bewiesen.

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