Entsetzen über Schließung von Filialen der Erlanger Sparkasse

19.1.2021, 06:00 Uhr
Entsetzen über Schließung von Filialen der Erlanger Sparkasse

© Foto: Harald Sippel

Die Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Höchstadt Herzogenaurach schließt erstmals Filialen, weil die Kundenfrequenz in einigen Geschäftsstellen seit Jahren kontinuierlich abnimmt.  Von derzeit 30 „personenbedienten“ Filialen im Landkreis ERH (inklusive Schlüsselfeld, Landkreis Bamberg) bleiben nur noch 23 erhalten. Von der Schließung betroffen sind folgende Geschäftsstellen: Bubenreuth Birkenallee, Großenseebach, Eckenhaid, Herzogenaurach Haydnstraße, Lonnerstadt, Wachenroth und Zentbechhofen. 

„Das ist schon schade für Lonnerstadt“, kommentiert Bürgermeisterin Regina Bruckmann die Schließung der Filiale „An den Kellern“. Die Kunden aus Lonnerstadt müssen künftig die Geschäftsstelle in Höchstadt-Süd nutzen. Das ärgert Kundin Emma Volland (83). „Was ist, wenn ich nicht mehr Auto fahren kann?“, fragt sie. Und Armin Müller (83) aus Ailsbach ist vor allem enttäuscht darüber, dass die persönlichen Kontakte fehlen werden.

Gemeinden waren informiert

Immerhin: Die Sparkasse hat die betroffenen Gemeinden im Vorfeld informiert und die Beweggründe erklärt. Diese sind für Regina Bruckmann nachvollziehbar. „Das Verhalten der Bankkunden hat sich verändert, viele machen inzwischen Online-Banking. Und ich sehe ein, dass so eine Filiale hohe Kosten verursacht. Letztlich ist ja auch eine Bank nur ein Wirtschaftsbetrieb und muss wirtschaftlich denken.“ Was sie bedauert: „Es geht im Dorf halt wieder was verloren, wir haben auch schon keinen Bäcker und Metzger mehr.“


Auch der Wachenrother Bürgermeister Friedrich Gleitsmann befürchtet, dass in seiner Gemeinde „ein Stück Lebensqualität verloren geht“. Denn auch die Sparkassen-Geschäftsstelle in der Hauptstraße in Wachenroth ist von der Filial-Schließung betroffen. Er habe das schon lange befürchtet, so Gleitsmann. „Aber wenn zu wenig Geschäft da ist, werden wir das wohl schlucken müssen.“ Wenigstens sei Mühlhausen, wohin die Wachenrother Kunden nun ausweichen müssten, nicht allzu weit entfernt.

Vielleicht Hausbesuche möglich

Trotzdem: Ein Ansprechpartner vor Ort wäre – gerade für ältere Leute – schon wichtig, findet Gleitsmann. „Denn für manche ist selbst Mühlhausen zu weit weg.“ Von der dortigen Sparkasse gibt es allerdings ein Signal, dass auf telefonische Nachfrage zur Not vielleicht auch Hausbesuche in Wachenroth möglich wären. „Das geht in die richtige Richtung“, freut sich Gleitsmann, der die Schließung zwar verstehen kann, für seine Gemeinde aber sehr bedauert.
Großenseebach durfte sich erst kürzlich über die Eröffnung einer neuen Postfiliale freuen, nun verliert die Gemeinde ihre Sparkasse. Die Großenseebacher müssen bald, wie die Heßdorfer und die Dechsendorfer, in ein geplantes Sparkassengebäude im Heßdorfer Gewerbegebiet. Insgesamt, so meint Bürgermeister Jürgen Jäkel, sei der Schritt der Sparkasse zu bedauern, da es für Senioren schwerer werde, ihre Bankgeschäfte zu erledigen.
In dieser Situation könnte der Bürgerbus noch an Bedeutung gewinnen. Ihn gibt es seit 2019, und die Fahrt ins Heßdorfer Gewerbegebiet war schon immer auf dem Fahrplan. Derzeit ist er wegen Corona allerdings nicht im Einsatz.

"Allgemeine Finanzsituation ist schuld"

Der Vorsitzende des Herzogenauracher Seniorenbeirats, Brüne Soltau, gibt für die Entwicklung gar nicht der Kreissparkasse die Schuld, sondern der allgemeinen Finanzsituation, insbesondere den niedrigen Zinsen. „Vermutlich muss man froh sein, dass noch keine Negativzinsen von den Kunden verlangt werden.“ In Herzogenaurach wird die Filiale Haydnstraße geschlossen, die ein Gebiet erschließt, „in dem viele ältere Bürger wohnen“. Und die, so weiß auch der stellvertretende Beiratsvorsitzende Hans-Jürgen Heinzel, haben oft keinen PC für Online-Banking, sondern wünschen sich persönliche Ansprechpartner.


Diese Argumente kennt und versteht Bürgermeister German Hacker, der auch im Verwaltungsrat der Sparkasse sitzt, sehr gut. Gleichwohl habe die Mehrheit der Kunden längst entschieden, und zwar für Online-Banking und gegen ein häufiges Frequentieren von Filialen. Für die täglichen Bankgeschäfte gebe es gute Alternativen, wie etwa Geldabheben an der Supermarktkasse. Man habe bei der Auswahl der zu schließenden Filialen auch auf die ÖPNV-Anbindung geachtet. „Aus dem Gebiet der Haydnstraße kommt man mit dem Herzo Bus sehr gut in die Innenstadt.“ 

"Gravierender Einschnitt"

Trotz des "gravierenden Einschnitts", so Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik, müsse man sich vor Augen halten, "dass keine Bank ein annähernd so großes Filialnetz auch in der Breite besitzt, wie die Sparkasse". Doch dass Filialen in der Dichte verfügbar sind, dass sie, so Janik, teils "gar in Sichtweite" voneinander entfernt stehen, sei schlichtweg "nicht mehr zeitgemäß".

Daher sei die Entscheidung für die Schließungen, so der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende, klar gewesen: "Die Kunden haben mit ihren Füßen in den vergangenen Jahren bereits abgestimmt" – soll heißen: Es werden nun Filialen geschlossen, die ohnehin nur noch geringen Publikumsverkehr nachweisen konnten. "Wichtig war uns, dass diejenigen bestehen bleiben, die eine gute Anbindung durch Parkplätze und Busse haben."

"Entlassungen wird es keine geben"

Janik kann sich dennoch vorstellen, dass viele ältere Kundinnen und Kunden nun verärgert sind: "Ihnen wird individuell aufgezeigt, wo die für sie nächste, gut zugängliche Sparkasse ist. Sogar ihre Ansprechpartner wechseln mit. Entlassungen wird es bei der Sparkasse keine geben."

Ein schwacher Trost für Dinah Radtke. Die 73-Jährige ist stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirats: "Ich war entsetzt, als ich von den Schließungen in den EN las." Nicht nur ausbleibende persönliche Gespräche, gerade für alleinstehende ältere Menschen so wichtig, würden so genommen, nein, auch seien die Alternativfilialen mit Gehbehinderung oft nur schwer erreichbar. Auf Radtke, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, kommt beispielsweise fortan ein kleiner Berg zu. "Es ist für viele ältere Menschen eine einschneidende Veränderung." Die sei auch aus anderen Gründen nicht nachvollziehbar, so Radtke: "Die Stadt arbeitet an barrierefreien Stadtteilquartieren – da gehören Bankfilialen zu den Dienstleistungen. Schließungen widersprechen diesem Bestreben."

 

"Die Schließung von Filialen ist unsolidarisch", findet unser Redakteur Christoph Benesch in seinem Meinungsbeitrag zum Thema. 

 

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