Erlangen: "Fürs Leben lernen wir"

2.3.2015, 17:30 Uhr
Erlangen:

© Eva Kettler

Der Streit darüber, wie lebensnah unsere Schulen sind, kehrt regelmäßig wieder. Zuletzt hat vor zwei Monaten der Tweet der Kölner Schülerin Naina eine Bildungsdebatte ausgelöst. „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ‘ne Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen“, konstatierte die Schülerin.

Dass sie nach ihrem Abschluss die Schule gänzlich weltfremd verließen, konnte ihnen nicht passieren, meinen ehemalige Schüler der städtischen Wirtschaftsschule in Erlangen. Sie sind sich einig darin, dass sie im Unterricht Dinge gelernt haben, die sie im späteren Berufsleben noch brauchen konnten beziehungsweise brauchen werden — gutes Basiswissen, um darauf aufzubauen, vor allem wenn man einen kaufmännischen Beruf ergreift.

Aber nicht nur dann. Denn ihre Lebenswege sind durchaus unterschiedlich. Andreas Rühling zum Beispiel kam vom Gymnasium an die Wirtschaftsschule, absolvierte dort in der zehnten und elften Klasse den zweistufigen Zweig. Heute ist der 27-Jährige auf dem besten Weg, Gymnasiallehrer zu werden. Seine Fächer: Wirtschaft — und ausgerechnet Mathematik, das Fach, das ihn am Gymnasium ins Straucheln brachte

Dazwischen gab es noch andere Stationen: Nach der Mittleren Reife an der Wirtschaftsschule besuchte er den Wirtschaftszweig der Fachoberschule, schloss diesen mit dem Fachabitur ab, erlangte danach die allgemeine Hochschulreife. „Ich war nicht zu dumm fürs Gymnasium“, sagt er im Nachhinein. „Aber es war zu schnell für mich. An der Wirtschaftsschule habe ich dann wieder Lust am Lernen gefunden.“ Dieser Weg sei für ihn das absolut Richtige gewesen. Er habe seine Schullaufbahn noch einmal komplett neu anfangen können. „Ich hatte eine schöne und lange Schulzeit.“

Weiterbildung zum Betriebswirt

Auch Barbara Preiser denkt gern an ihre Jahre an der Wirtschaftsschule zurück. „Die schönste Zeit meines Lebens“, schwärmt die 28-Jährige, die von der Hauptschule auf den vierstufigen Zweig übergewechselt war. Nach der Mittleren Reife machte sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau und an der Industrie- und Handelskammer eine Weiterbildung zur technischen Fachwirtin. Sie arbeitet als technische Redakteurin und will nun berufsbegleitend den Betriebswirt machen.

Berufsbegleitend zu seiner Arbeit im Bereich Controlling bei einem großen Konzern will auch Jonathan Kurz Betriebswirtschaftslehre studieren. Der heute 20-Jährige kam 2007 von der Haupt- an die Wirtschaftsschule, machte danach eine Lehre zum Industriekaufmann. Das kaufmännische Hintergrundwissen, das die Wirtschaftsschule vermittelt, erleichtere den Einstieg in den Beruf, sagt er. Noch mitten im Schulleben sind Mira Winter und Constantin Kaindl. Beide sind 17 Jahre alt.

Mira Winter macht nächstes Jahr Abitur. Ihr Weg führte sie von der Hauptschule über die Wirtschaftsschule ans Gymnasium. Später will sie Jura studieren. Constantin Kaindl trat ebenfalls von der Hauptschule an die Wirtschaftsschule über und besucht jetzt den Wirtschaftszweig an der Fachoberschule in Nürnberg. Sein Ziel ist ein BWL-Studium. Die praktischen Erfahrungen an der Wirtschaftsschule, zum Beispiel im Fach „Übungsfirma“, würden es sehr erleichtern, an gute Praktikumsstellen zu kommen. „Das wiederum erweitert den Horizont.“

Infoabend zum Übertritt: Wirtschaftssschule, Artilleriestraße 25, am 3. März um 19 Uhr.

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