Erlangen hat wieder "seine" Villa

27.3.2017, 13:00 Uhr
Erlangen hat wieder

© Edgar Pfrogner

Die "frisch geliftete alte Dame Villa" hatte zum Empfang geladen – und alle kamen.Von 40 Gruppen und Initiativen wird der Bürgertreff genutzt: von Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen Interessen.

Liliana Christl ist mit den "Fleißigen Bienen" regelmäßig im Haus. Die Mitglieder des Vereins "Sonnenblumen" besuchen Leute im Seniorenheim und laden sie ein, " sich uns anzuschließen und mit uns zu häkeln und zu stricken", sagt Liliana Christl. Die Mützen, die dabei entstehen, werden gespendet — zum Beispiel an Kinder in Flüchtlingsunterkünften. "Und was wir einnehmen, spenden wir an Leute, die Geld brauchen." Vor 15 Jahren ist Liliana Christl aus Venezuela nach Erlangen gekommen. Die Villa, über die Lütfiye Yaver, die Vorsitzende des Erlanger Ausländer- und Integrationsbeirats, meint: "Ich sehe sie als mein zweites Wohnzimmer", ist auch für Liliana Christl ein Zuhause geworden.

Zum Eröffnungsfest der "neuen Villa" lädt Abreht Testazigi zur eriterischen Kaffeezeremonie ein. Mitten in der Menschenmenge röstet sie die Kaffeebohnen auf einem kleinen Kocher. Die eritreische Gruppe kommt seit über zehn Jahren in die Villa. Am Anfang unterrichtete eine der Frauen die Kinder in der eigenen Sprache "Tigrinja". Das ist vorbei, die Kinder sind größer, die Treffen gibt es aber immer noch.

Auch Mareike Jädicke, die Vorsitzende des Fördervereins der Villa, nutzt die Räume des Hauses schon seit Jahren. Die offene Gruppe Mazurka Clandestina kommt regelmäßig zusammen, um Musik zu machen. Vor 20 Jahren hat Mareike Jädicke die Villa über ein Praktikum und übers Ehrenamt kennen gelernt. "Die multikulturelle Arbeit hat mich angesprochen", sagt sie. Und eigentlich, meint sie, wünsche sie sich "die Welt so, wie sie hier ist."

Nicht alle sind schon so lange in der Villa. Der Bürgertreff ist ein offener Ort mit Potenzial für weitere Entwicklung. Seit eineinhalb Jahren bietet der Nürnberger Verein Fliederlich immer am letzten Freitag im Monat hier eine Beratung an. Wie auch viele andere Gruppen präsentiert sich Fliederlich beim Fest in einem Raum im ersten Obergeschoß. Michael Glas, Geschäftsführer des Vereins, der in Nürnberg seit knapp 40 Jahren präsent ist, schätzt, dass es "in Erlangen etwa 6000 Lesben und Schwule" gibt, die nun eine Anlaufstelle direkt vor Ort haben. "Unser Thema zieht sich quer durch die Gesellschaft", ergänzt der Fliederlich-Vorsitzende Ralph Hoffmann.

Direkt neben den beiden sitzt HansImrich. Zur Feier des Tages hat er seine Festtracht angezogen. Der 77-Jährige gehört zur Seniorengruppe der Siebenbürger Sachsen, die sich 35 Jahre lang im Angertreff zusammenfanden, jetzt aber in die Villa gewechselt sind. Seit Anfang März finden ihre Treffen hier statt, zwei Mal im Monat. Schön, dass die Stadt es der "Nachbarschaft Erlangen der Siebenbürger Sachsen" ermögliche, in der Villa zusammen zu kommen, findet er. Gut, dass man stundenweise Räume mieten könne. Das Motto "Nachbarschaft" ist bei der Feier allerdings ausgeweitet worden — eigentlich umfasst es nun alle Gruppen, so unterschiedlich sie auch sein mögen. Genau zwischen dem Verein "Centro Argentino de Franken" und Fliederlich gibt Hans Imrich Auskunft über seine Gruppe. 

Und: "Das Miteinander verschiedener Gruppen bringt Nutzen", ist er überzeugt.

Das glaubt auch Oberbürgermeister Florian Janik, der in seinem Grußwort sagt: "Die Villa ist ein Ort, wie wir ihn in unserer Stadt brauchen." Man sehe, dass es sich gelohnt habe, den Bürgertreff, der 2009 von der Schließung bedroht war, zu erhalten. "Ich wünsche, dass die Villa dieser wundervolle offene Ort bleibt."

Begeistert von der renovierten Villa ist offenbar auch einer, der sie von früher besser kennt als jeder andere: Der Sohn des ehemaligen Erba-Industriedirektors, der bis 1966 seine Kinderzeit im Obergeschoß der Erba-Villa verbrachte, schaute sich am Anfang der Feier ebenfalls um.

"Größer ist das Haus nicht geworden, aber schöner", sagte er gegenüber der Fördervereins-Vorsitzenden Mareike Jädicke.

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