Erlangen: Sollen Schulen Flagge zeigen?

22.11.2019, 15:00 Uhr
Erlangen: Sollen Schulen Flagge zeigen?

© Günter Distler

Vor Schulen in Deutschland sollten nach dem Willen der baden-württembergischen CDU dauerhaft die Deutschland-Flagge sowie die Fahnen des jeweiligen Bundeslandes und der Europäischen Union wehen.

Bisher kennt man die regelmäßige Beflaggung vor Schulgebäuden eher aus den USA. Das weiß auch Sophia Schenkel. Für die 20-jährige Kreisvorsitzende der Jungen Union (JU) Erlangen liegt die Schulzeit noch nicht so lange zurück. "Die Schulen sind der Ort, an dem junge Menschen unsere gemeinsamen Werte und unser Grundgesetz vermittelt bekommen", sagt die Jura-Studentin. Bessere Symbole als die deutsche und europäische Flagge, um diese Werte sichtbar zu machen, gibt es daher für sie und die JU Erlangen nicht. "Die Fahnen sind ein Zeichen für unsere offene und freie Gesellschaft und erfordern insbesondere heute unser klares Bekenntnis."

Für Schenkel steht daher fest: "Wer sich zur deutschen Flagge bekennt, bekennt sich zum Grundgesetz und unserer offenen, toleranten Gesellschaft".  Klar erfordere die deutsche NS-Vergangenheit einen sensiblen Umgang mit derartigen Symbolen: "Wir wollen einen gesunden Patriotismus", sagt sie. 

Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer Dauerbeflaggung an Schulen werden allerdings von verschiedenen Seiten geäußert. "Unser Bildungssystem steht vor großen Herausforderungen: Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit, Ausbau einer qualitativ guten Ganztagsschule, Inklusion, Digitalisierung, Lehrermangel, dringend erforderliche Schulsanierungen", gibt Anke Steinert-Neuwirth, Referentin für Bildung, Kultur und Jugend der Stadt Erlangen, zu bedenken. Das seien nur einige "Baustellen", die auf der Ebene der Länder und Kommunen auf der Agenda stehen. Die Demokratiebildung sei wichtiger denn je, "doch dazu braucht es keine Dauerbeflaggung, sondern gute Konzepte und einen intensiven Dialog mit den Schülerinnen und Schülern".

Auch Erlanger Schulleiter äußern sich eher zurückhaltend beziehungsweise kritisch. Das politische Statement brauche es an den Schulen nicht. Zielführender sei es, wenn Flaggen – so wie bisher – zu bestimmten Anlässen gehisst werden. Wichtiger als eine Dauerbeflaggung sei es, dass die Werte, die die Bundesflagge und die Flagge der Europäischen Union auch repräsentieren, an den Schulen gelebt würden und Gegenstand im Unterricht seien. Dies aber sei gegenwärtig schon – und auch ohne Dauerbeflaggung – der Fall, betonen die Erlanger Pädagogen unisono.

Bei einem EU-Projekttag an der Staatlichen Berufsschule wurden 2014, genau 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs, die Flaggen der EU-Länder gezeigt. 66 nichtdeutsche Staatsbürgerschaften gibt es an der Schule. Sie haben einen Anteil von 13,9 Prozent an der Gesamtschülerzahl, viele von ihnen sind aus Nicht-EU-Staaten, von Australien bis hin zu Österreich. Welche Flagge zu welchem Staat gehört, wussten beim Europa-Projekttag längst nicht alle Schüler. Das war Anlass, Wissenslücken im Unterricht zu schließen.

Dauerhaft Fahnen aufzuhängen, die dann gar nicht wirklich wahrgenommen werden, würde nach Ansicht von Berufsschulleiter Roland Topinka jedenfalls nicht viel bringen. Aber mit Sicherheit werde das Thema durch die Diskussion darüber zum Politikum.

 

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