Erlangen: Ungewöhnliche Schau über Scherben

19.4.2018, 11:00 Uhr

"Mit üblicher Archäologie-Fotografie und der standardisierten, erkennungsdienstlichen Behandlung der Objekte haben die hier präsentieren Aufnahmen nichts gemein", berichtet der Fotograf Georg Pöhlein und lacht. In der kleinen, feinen Ausstellung "Kosmos des Fragments" macht er sich mit seinen großformatigen Fotografien auf zur Entdeckungsreise. Es geht um die "Merkwürdigkeiten", die man erkennen kann, wenn man einen anderen Fokus bei der Auseinandersetzung mit Fundstücken aus der Antike setzt. Da tauchen auf einmal gespensterhafte Schemen auf, ein Gesicht lächelt fast wie ein böser Clown aus einem Horror-Film, und Formen erinnern an zeitgenössische, abstrakte Malerei. Pöhlein: "Es ist spannend, hier diese Ursprünge der Bilderwelten der Moderne zu erkennen."

Nachdem Prof. Andreas Grüner, Leiter des Instituts für Klassische Archäologie an der FAU, die Idee hatte, einen ungewöhnlichen Bildband anzupeilen, hat sich Pöhlein regelmäßig in die Sammlung aufgemacht. Diesmal nicht mit dem Blick eines Fotografen, der möglichst neutral, ausgelotet und in Frontalsicht Scherben, Vasen und andere Gefäße ablichtet. Das vergebene Ziel: Neues entdecken. "Ich habe mir in den vergangenen Monaten regelmäßig ein Wägelchen mit Sammlungsstücken beladen und in mein Studio gebracht. Wenn ich nichts gesehen, nichts entdeckt habe, ging alles wieder zurück."

Seit drei Jahrzehnten ist Georg Pöhlein Fotograf am Institut für Klassische Archäologie. "Nach meinem Magister-Abschluss in Geschichte und Germanistik hatte das Arbeitsamt zwei Angebote für mich: Holzfäller in der Nähe von Weißenburg oder eine halbe Stelle als Fotograf in der Archäologie", erinnert sich Pöhlein und fügt im Scherz hinzu: "Weißenburg war zu weit weg." Den neu ergriffenen Beruf empfand er anfangs schon "speziell". Doch schnell lernte er, neben dem Dokumentationsalltag auch das "Ästhetische Potenzial von Scherben" zu entdecken. Hinzu kamen viel beachtete Foto-Projekte jenseits der Archäologie.

Nun sind also in der UB die Ergebnisse seiner "Weltreise im Kellerloft" zu sehen. Zur Ausstellung ist ein kleiner Katalog entstanden. Ziel ist aber ein großer Bildband, der den Blick der Kultur- und Kunstinteressierten auf den "Kosmos des Fragments" lenkt.

Im Rahmen der Pöhlein-Schau finden in der UB drei Vorträge statt: "Frammenti di Memoria. Das mediterrane Erbe und die europäische Avantgarde im 20. Jahrhundert" (Prof. Dr. Hans Dickel, 25. April, 18 Uhr), "Die andere Klassik: Material und Oberflächen in der griechischen Kunst" (Prof. Dr. Andreas Grüner, 9. Mai, 18 Uhr) sowie "Oberfläche als Programm von Design und Medien" (Prof. Dr. Rolf Sachsse, 16. Mai, 18 Uhr).

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