Erlanger Bauhaus-Pläne mit Walter Gropius

13.8.2019, 06:00 Uhr
Erlanger Bauhaus-Pläne mit Walter Gropius

© Repro: Harald Sippel

Bereits 1985 veranstaltete der Kunstverein Erlangen eine Ausstellung mit zwei Bauhaus-"Jüngern", dem Maler Georg Muche und dem Bildhauer Gerhard Marcks. Diese Ausstellung nahm die Kunsthistorikerin Jutta Thamer zum Anlass, an die frühen 20er Jahre zu erinnern, in denen Erlangen als Dependance des Bauhauses im Gespräch war und es sogar erste konkrete Pläne gab.

Die Idee, Erlangen zu einer Bauhaus-Niederlassung zu machen, hatte der Philosoph Rolf Hoffmann, der durch seinen Doktorvater Professor Paul Hensel Erlangen sehr verbunden war. Letzterer hatte "als liberaler Kantianer ... an der Erlanger Universität viele Gegner, vor allem in der damals sehr starken theologischen Fakultät", wie Jutta Thamer in ihrem in der Zeitschrift "das neue Erlangen" veröffentlichten Aufsatz schrieb. Hensel aber wurde von Hoffmann unterstützt — unter anderem. finanzierte dieser die Festschrift zum 60. Geburtstag seines Doktorvaters. Hoffmann war aber nicht nur aufgeschlossen für moderne internationale Kunst, für Kultur und Philosophie, er wollte dafür auch einen Ort in der Unistadt Erlangen haben. Deshalb gründete er 1922 zusammen mit der fränkischen Sektion der Kant-Gesellschaft die "Philosophische Akademie", die sich zuerst "Akademie auf dem Burgberg" nannte, außer in der Person Paul Hensels aber keine Gemeinsamkeiten mit der Uni hatte.

Dass die Universität zu dem Projekt auf Distanz ging (und dieses wohl auch als "Konkurrenz" empfand) lag auch in der Person Hoffmanns begründet, der — als Bekannter des Münchener Revolutionärs Ernst Toller — als linksradikal galt. Die Akademie hingegen verstand sich ausweislich ihrer Statuten als "unpolitisch und konfessionell nicht gebundene Vereinigung zur Förderung internationaler Kontakte verschiedener philosophischer Richtungen". Philosophen vieler Länder sollten zusammengeführt werden, Ausländer mit dem deutschen Geistesleben vertraut gemacht werden. Und sie sollten am gleichen Ort wohnen und studieren können.

Stellte Hoffmann anfangs noch aus eigenen Mitteln eine geräumige Professoren-Villa auf dem Burgberg zur Verfügung, erwies sich die Villa für die hochfliegenden Pläne eines philosophischen "think tank" als zu klein, weshalb Hoffmann den Leiter des Weimarer Bauhauses, Walter Gropius, mit den Plänen für ein modernes Akademie-Gebäude auf dem Burgberg beauftragte. Schräg gegenüber dem Wasserturm sollte auf 7200 qm am Steilhang ein mehrgliedriger Bau entstehen, der drei Gebäudeteile miteinander kombinierte und große Teile des Grundstücks mit der ehemaligen Rosenthalschen Villa einnehmen sollte — unter Schonung der Villa.

Gropius’ Entwurf ist radikal modern, verzichtet auf jegliche Ornamentik und Symmetrie, meidet natürlichen Baustoff, setzt dafür auf Stahl, Glas und Beton — rechteckige, schlichte Kuben mit Flachdach, die vermeintlich verbindliche Formensprache des Bauhauses. Die moderne Architektur soll auch durch die Funktionen des Gebäudekomplexes bestätigt werden: "Erstmals verband Gropius in der Erlanger Akademie Lehr- und Wohnstätten in einem Gebäudekomplex, ein System, das für das Dessauer Bauhaus ebenso verbindlich wurde wie für seine späteren Schul- und Hochbauten.

Das Ende der hochfliegenden Pläne folgte zwei Jahre nach deren "Geburt". Ende 1924 stürzte die Rosenthalsche Villa wegen der darunter nachgebenden Bierkeller ein, weshalb der provisorische Akademiebetrieb in die Loewenichstraße verlegt werden musste. Dann aber gab es Finanzierungsprobleme — ausgelöst durch eine Krise der Hoffmannschen Unternehmungen. Als dieser sich mit seiner Familie in die USA verabschiedete (wo er Emigranten wie Albert Einstein, Arnold Schönberg

und Max Reinhardt unterstützte), wurde die Erlanger Akademie sang und klanglos aufgelöst. Die Kunsthistorikerin Jutta Thamer: "Zurück ließ Hoffmann auch das gescheiterte Gropiussche Projekt, selbst Architektenhonorare für das Gropius-Büro für die geleistete Arbeit blieben unbezahlt."

Bleibt noch anzufügen, dass es zu den Treppenwitzen der Geschichte gehört, dass der "radikal moderne" Baustil des Bauhauses längst Einzug gehalten hat am Burgberg. Wer lange Zeit froh war, dass die immer als etwas seelenlos geltende Architektur des Bauhauses die Gründerzeit-Villen der Erlanger Professorenschaft nicht verdrängen konnte, sieht sich heute eines besseren belehrt.

 

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