Erlanger Bürger bilden Bündnis gegen Nachverdichtung

30.3.2017, 06:00 Uhr
Erlanger Bürger bilden Bündnis gegen Nachverdichtung

© Anestis Aslanidis

Sie haben drei Tische zusammengeschoben, als sie sich an diesem kalten Märzabend im Bürgertreff Isarstraße versammeln. Wie Wutbürger sehen die zehn Erlangerinnen und Erlanger nicht aus. Denn so richtig wütend ist niemand – eher aufgewühlt. Manchmal auch zynisch, oft sarkastisch. Sie waren oder sind aktuell in Bürgerinitiativen engagiert, die in den letzten Wochen und Monaten wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und tausende Unterschriften gesammelt haben.

An den Tischen sitzen unter anderem Anwohner der Rathenau- und der Paul-Gordan-Straße, dazu gesellen sich einige Aktivisten gegen den Abriss der Erba-Häuser sowie eine Kämpferin gegen die Handballhalle. Gemeinsam ist ihnen die Sorge um die weitere Entwicklung Erlangens. "Wo geht’s hin mit dem Wachstum?" fragt sich nicht nur Siegmund Gassner, der sich im vergangenen Jahr erfolgreich für den Erhalt des historischen Reitplatzes im Röthelheimpark eingesetzt hat. "Wir sind die Opposition, die nichtgehörten Bürger in dieser Stadt", ergänzt Sven Kartscher. Er kämpft für den Erhalt der Erba-Häuser.

Der Lehrer, der von Nürnberg nach Erlangen gezogen ist, und seine Frau, die in einem der zum Abriss stehenden Erba-Häuser aufgewachsen ist, wollen, wie Siegmund Gassner es benennt, "weiter denken als bis zur nächsten Wahl". Im Bürgertreff Isarstraße fühlen sie sich unter Gleichgesinnten, die enttäuscht sind von der Politik im Erlanger Rathaus. Unzufrieden mit dem jungen Oberbürgermeister und seiner Koalition, die die Stadtentwicklung "kurzsichtig und planlos" betreiben würden. "Die Stadt", meint Sven Kartscher trocken, "reagiert nur noch, sie agiert nicht mehr."

Erlanger Bürger bilden Bündnis gegen Nachverdichtung

© Fotos: Giulia Iannicelli, Markus Hörath

Juliane Haarmann hat sich in der Vergangenheit wie auch andere in der Runde an Workshops beteiligt, in der Hoffnung, etwas bewegen und mitgestalten zu können. Sie habe Ideen entwickelt, viel Freizeit geopfert und ihre Gedanken und Vorstellungen auf kleine bunte Zettel geschrieben. Alles sei penibel dokumentiert worden, berichtet sie. Um am Ende erkennen zu müssen, dass die Planungen "so durchgezogen" werden, wie es die Stadt von Anfang an anstrebte, ergänzt Sven Kartscher.

Droht eine Spaltung

Wie mit Bürgern "umgegangen" werde, die andere Meinungen als die herrschende Ampelkoalition vertreten, sei "eine Katastrophe für den sozialen Frieden in dieser Stadt". Sie würden "diffamiert" (siehe auch nebenstehenden Offenen Brief). Diese "Propagandapolitik, wo die schwächsten Gruppen gegeneinander ausgespielt werden", führe "zu einer Spaltung der Bürgergesellschaft" in Erlangen, ist sich Sven Kartscher sicher.

Auf gar keinen Fall wolle man aufgeben. Deshalb haben sich die unterschiedlichen Bürgerinitiativen im Februar zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Nun soll ein Verein gegründet werden. Die Unterlagen dafür lägen bereits beim Notar, berichtet Siegmund Gassner. "Wir wollen zeigen, dass wir uns vom Stadtrat nicht vertreten fühlen." Der Name des Vereins ist für sie Programm: "Lebenswertes Erlangen".

Erlanger Bürger bilden Bündnis gegen Nachverdichtung

© Fotos: Giulia Iannicelli, Markus Hörath

Neben der Vereinsgründung peilen die Aktivisten ein weiteres Ziel an: am 7. Mai den Bürgerentscheid zu gewinnen, bei dem über die Zukunft der Erba-Häuser abgestimmt wird. Dafür spricht das Bündnis eine Wahlempfehlung aus.

Außerdem diskutiere man, so Siegmund Gassner, ein gemeinsames Bürgerbegehren gegen die Politik der Nachverdichtung in Erlangen zu initiieren. Man wolle sich einmischen, sagt Gassner: "Erlangen kann nicht so weitermachen."

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