Erlanger muss wegen zehn Euro in den Knast

20.4.2021, 18:00 Uhr
Erlanger muss wegen zehn Euro in den Knast

© Ulrich Schuster

Eine Bewährung kommt für das Schöffengericht am Erlanger Amtsgericht mit dem Vorsitzenden Richter Christian Kretschmar nicht mehr in Frage. Denn der Angeklagte hat bereits neun Vorstrafen vorzuweisen. Das letzte Vergehen lag auch nur kurz vor der aktuell angeklagten Tat, weshalb das Gericht zudem die "hohe Rückfallgeschwindigkeit" sieht.

In der Tat fordern weder der Staatsanwalt noch der Verteidiger eine Bewährungsstrafe – wohl aber unterscheiden sich die beiden Anträge in der Dauer der Freiheitsstrafe beträchtlich: Der Staatsanwalt fordert zwei Jahre und zehn Monate, der Verteidiger lediglich sieben Monate, weil er nur einen Betrug annimmt.

Was wird dem Angeklagten zur Last gelegt? Im vergangenen September soll der Angeklagte gegen 23 Uhr in der Drausnickstraße in Erlangen einen heute 19-jährigen Angestellten und eine heute 16-jährige Schülerin angesprochen und zunächst um Feuer gebeten haben. Die beiden waren auf dem Heimweg, der junge Mann kam gerade aus der Sparkasse, wo er Geld abgehoben hatte.

Waffe im Hosenbund

Dann fragte der Angeklagte nach dem Weg zu einer bestimmten Adresse. Der 19-Jährige bot an, ihn auf dem E-Scooter mitzunehmen und per Navi dorthin zu fahren. Die 16-Jährige folgte auf ihrem Fahrrad. Während der Fahrt soll der Angeklagte wiederholt erwähnt haben, dass er eine Waffe im Hosenbund stecken hätte, er bot der jungen Frau an, die Waffe anzuschauen, dem jungen Mann, auch einmal damit zu schießen.

Zudem erwähnte der Angeklagte, er sei gerade aus dem Knast entlassen worden und wolle eine Frau ausrauben. Den beiden jungen Begleitern wurde immer mulmiger, zumal der 36-Jährige auch einmal sein T-Shirt straffzog und "dort irgendetwas zu erkennen war, was eine Waffe hätte sein können", wie die 16-Jährige vor Gericht aussagt.

Bedrohung ernst genommen

Auch der 19-Jährige "spürte etwas", als der Angeklagte dicht hinter ihm auf dem E-Scooter stand. Eine tatsächliche Waffe jedoch bekamen beide zu keinem Zeitpunkt zu Gesicht. "Aber ich hatte schon Angst", sagt der 19-Jährige. Beide nahmen die Sache durchaus ernst.

Als man die angepeilte Adresse nicht fand, wollte man sich trennen. Doch dann fragte der Angeklagte den 19-Jährigen noch, ob er ihm zehn Euro "leihen" könne. Er soll dann auch noch gesagt haben, die beiden sollten der Polizei nichts von der Waffe erzählen, sonst würde er sie finden und erschießen, denn "Erlangen ist klein".

Zwei Fünf-Euro-Scheine

Schließlich händigte der 19-Jährige dem Angeklagten zwei Fünf-Euro-Scheine aus. "Ich war schockiert und verängstigt und wollte nur noch weg", sagt er. Ein lautes "Bumm" rief der Angeklagte den beiden noch hinterher, diese informierten umgehend die Polizei, die den 36-Jährigen wenig später auch festnehmen konnte. Eine Waffe oder ein ähnlicher Gegenstand wurden nicht gefunden.

Der Angeklagte gibt vor Gericht zwar das Treffen mit den beiden jungen Leuten zu, auch das gemeinsame Adresse-Suchen und das "Leihen" der zehn Euro – wenngleich ihm klar gewesen sei, dass er das Geld nicht zurückgeben würde, wie der Angeklagte einräumt. Von einer Waffe sei allerdings keine Rede gewesen. Zumindest könne er sich nicht erinnern, er sei ziemlich betrunken gewesen.

Für das Gericht ist die Sache dennoch klar: "Sie haben auf subtile Art und Weise eine Bedrohungssituation aufgebaut", sagt Richter Kretschmar und attestiert dem 36-Jährigen eine gewisse Cleverness und Verschlagenheit, da er eben nicht mit "brachialer Gewaltandrohung" vorgegangen sei. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen gibt es für das Gericht keinerlei Zweifel. "Der Geschädigte hat das Geld herausgegeben, weil er wirklich Angst hatte."

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