Erlanger Pfadfinder: Lagerfeuer statt Youtube

31.12.2015, 13:00 Uhr
Erlanger Pfadfinder: Lagerfeuer statt Youtube

© Berny Meyer

„We shall live in peace, we shall live in peace, we shall live in peace, some day. . .“, tönt es aus hunderten Mündern auf dem Marktplatz. Erlangens Bürger halten Kerzen in den Händen und singen zum „Advent – Ankommen in Erlangen“ gemeinsam für den Frieden. Nach der Zeremonie gibt es noch weiterhin musikalische Begleitung – im Pfadfinderzelt.

Der Stamm Asgard vom Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder war auf dem Marktplatz mit zwei großen Zelten, den sogenannten Jurthen vertreten. Darin saßen Pfadfinder und Besucher auf Teppichen und sangen am Lagerfeuer alte Klassiker zu Gitarrenklängen. Der Stamm feiert in diesem Jahr 50-jähriges Jubiläum und zeigt dafür noch bis zum 12. Januar eine Ausstellung in der Stadtbibliothek. Dabei wird jeweils ein Jahrzehnt auf zwei Plakaten mit Bildern und Erklärungen dargestellt. Außerdem gibt es traditionelle Kleidung und Abzeichen zu sehen.

Was führt eigentlich die sogenannten „Digital Natives“ heute noch zu den Pfadfindern? Warum tauschen sie freiwillig Youtube-Videos gegen Lagerfeuerromantik, Playstation gegen Wanderrucksack oder Hotels gegen Gruppenzelte? Und warum heißt es bei Ehemaligen „Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder"? Antworten darauf haben sowohl Frederick Marthol, 16-jähriger Stammesführer des Stammes Asgard, sowie Harald Rosteck, der unter anderem die Ausstellung organisierte.

„Wir bieten das komplette Kontrastprogramm zu den Medien. Die Jugendlichen kommen wieder zur Natur und merken, wie viel Spaß man ohne Technik haben kann“, erklärt Frederick. Trotzdem schließt er Pfadfinder sein und Technik nutzen nicht aus: „Wir wollen zeitgemäß bleiben und die Medien auch mal für unsere Vorteile nutzen." Zum Wandern benutzen sie Google Maps, in ihrem Blockhaus gibt es WLAN.

Davon abgesehen gibt es auch noch zeitlose Gründe, die Pfadfinder begeistern. Konfliktlösung und Teamfähigkeit werden vermittelt und Verantwortung übernehmen lernt man früh. Mit 14 leitete Frederick seine erste Kleingruppe. Mit 16 trägt er als Stammesführer die Verantwortung über alle 120 Mitglieder des Stammes Asgard, organisiert Events und Wochenendfreizeiten. „Ich bin Pfadfinder aus Überzeugung. Obwohl ich so jung bin, bietet mir das so viele schöne Möglichkeiten. Ich brauche weder Geld noch eine Ausbildung oder einen hierarchischen Status, um hier mitbestimmen zu dürfen.“

Harald Rosteck ist seit 1966, ein Jahr nach der Gründung, Mitglied der Erlanger Pfadfinder. Als Achtjähriger begann er in der jüngsten Pfadfinderstufe, der sogenannten „Meute“. Asgard hatte damals etwa 30 Mitglieder. Die Zahl stieg kontinuierlich, heute sind sie mit 120 Aktiven der größte BdP Stamm in ganz Bayern. Für ihn zeichnen Gemeinschaft, Vielfältigkeit und Internationalität das Pfadfindersein aus. „Du kannst bei den Pfadfindern einfach verschiedene Sachen ausprobieren, die auch mal schief gehen können“, erzählt er begeistert.  Der Satz „learning by doing“ stammt schließlich auch vom Gründer der Pfadfinder — Robert Baden-Powell.

Pfadfindersein bedeutet demnach mehr, als nur durch den Wald zu wandern und auf Zeltlager zu gehen. Die Mitglieder leben Gemeinschaft und übernehmen früh Verantwortung. Die Jugend lernt von der Jugend. Die Verbundenheit zur Natur und der Austausch mit anderen Nationen werden gefördert.

Diese Mischung sorgt dafür, dass Pfadfinder auch im Facebook Zeitalter noch brandaktuell sind, alte Traditionen gelebt werden und man einmal als Pfadfinder, für immer Pfadfinder bleiben möchte.

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