Erlanger Schwarzfahrer begleicht Schulden nach 19 Jahren

5.8.2020, 17:24 Uhr
Nach 19 Jahren beglich ein ehemaliger Schwarzfahrer in Erlangen seine Schulden bei den Stadtwerken. 

© News5 / Ott Nach 19 Jahren beglich ein ehemaliger Schwarzfahrer in Erlangen seine Schulden bei den Stadtwerken. 

Ein weißes Kuvert und 800 Euro Bargeld führen uns in das Schuljahr 2001/2002 zurück. Damals ging Markus Jung - so nennen wir ihn an dieser Stelle - zur Wirtschaftsschule in Erlangen. Rund 27 Kilometer musste er täglich pro Weg zurücklegen, um aus dem Umland zum Unterricht zu gelangen. "Das war eine coole Zeit damals. Ich habe mich gefreut, dass ich nach dem Quali noch auf eine weiterführende Schule gehen konnte", erzählt Jung, der heute Mitte 30 ist und noch im Großraum Erlangen-Höchstadt lebt.

Ein großes Problem damals: Jung konnte sich das Busticket nicht leisten. Da er seine Eltern aber finanziell nicht weiter belasten wollte - sie zahlten ihm zu diesem Zeitpunkt schon den Führerschein - fuhr er in den öffentlichen Verkehrsmitteln schwarz. Seitdem plagte ihn das schlechte Gewissen, prellte er die Verkehrsgesellschaft doch um einige hundert Euro. Und nun, beinahe 19 Jahre später, ließ es seine wirtschaftliche Situation endlich zu, die Schulden zu begleichen.

Vor gut einer Woche ging Markus Jung in das Kundenbüro der Stadtwerke Erlangen und übergab den Mitarbeiterinnen 800 Euro in einem Umschlag und erklärte ihnen kurz seine Situation. "Die Damen wollten das Geld erst nicht annehmen und haben das Kuvert von sich geschoben", erzählt Jung. Davon habe er sich aber nicht beirren lassen. Am Ende nahmen sie den Geldumschlag an. Seitdem ist seine Schuld beglichen und er fühle sich erleichtert, wie er nordbayern.de am Telefon erzählt. Denn er habe - abgesehen davon - immer darauf geachtet, alle Leistungen ordentlich zu bezahlen: "So bin ich erzogen worden", versichert er.

Nachbarsjunge half bei "kleinem Trick"

Seinen Eltern hatte er damals natürlich nicht verraten, dass er schwarz fährt. Sie hätten sonst versucht, diese Kosten auch noch zu übernehmen, erzählt er. Geholfen hat ihm stattdessen ein Nachbarsjunge, mit dem er damals gut befreundet war und der zwei, drei Jahrgangsstufen unter ihm war. "Von ihm habe ich Anfang des Monats immer seine alte Monatskarte bekommen", sagt Jung und so konnte er einen "kleinen Trick" anwenden. Denn seinen alten Verbundpass aus der zehnten Klasse hatte er noch, als ihm das Landratsamt das Ticket noch bezuschusste.

Wenn Jung also im Bus kontrolliert wurde, gab er vor, vergessen zu haben, die Karte auszutauschen: "Das hat eigentlich immer funktioniert." Um glaubhafter zu wirken, hat er alle Monatskarten aufgehoben und sogar seine Verbundpassnummer eingetragen. Das Feld war immer frei, da der Nachbarsjunge es nie ausgefüllt hatte. Nur zwei, drei Mal musste er sich einen Fahrschein kaufen, weil die jeweiligen Busfahrer nicht so gutgläubig waren und ihnm seine Ausrede nicht abkauften.

"Lektion fürs Leben"

Nun war es für ihn an der Zeit, den Fahrpreis von damals zurückzuzahlen. Als er endlich genügend Geld angespart hatte, rechnete er auf Grundlage der Fahrkarten-Preise aus dem vergangenen Jahr und der Anzahl der Schulwochen von damals seine Schuldensumme aus - und kam auf 800 Euro.

Markus Jung ging aus einem Grund an die Öffentlichkeit: Er hofft, dass seine, wenn auch verspätete, Ehrlichkeit den ein oder anderen antreibt, ebenfalls ehrlich zu sein. Aus beruflichen Gründen möchte er anonym bleiben, da er in einer Sicherheitsbehörde arbeitet. Seine beiden Nichten nahm er zur Geldübergabe mit, "um ihnen eine Lektion fürs Leben" mitzugeben, wie er sagt.

Die Erlanger Stadtwerke freuen sich derweil über den unverhofften Geldsegen und möchten das Geld spenden. "Wir unterstützen viele soziale Projekte. Vermutlich verwenden wir dafür das Geld", sagt Ralf Wurzschmitt, der Bereichsleiter Recht/Stadtverkehr bei den Stadtwerken. Nach 19 Jahren reinigte Markus Jung so sein Gewissen und tat in zweifacher Hinsicht etwas Gutes.

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