Erlanger Uni-Präsident startet in zweite Amtszeit

6.5.2021, 16:15 Uhr
Erlanger Uni-Präsident startet in zweite Amtszeit

© FAU/Thomas Einberger

Herr Prof. Hornegger, zu Beginn Ihrer ersten Amtszeit fragten wir Sie in Anlehnung an ein Zitat einer Kollegin von Ihnen, wie verrückt man sein muss, um den Posten eines Uni-Präsidenten anzunehmen. Jetzt, mit dem Beginn Ihrer zweiten Amtszeit, fragen wir Sie: Wie verrückt muss man sein, sich eine zweite Amtszeit anzutun?

Hornegger (lacht): Verrückt muss man nicht sein. Die Frage ist vielmehr, ob man bereit ist nach einem steinigen Weg bis zur Berufung auf einen Lehrstuhl, die Forschung und Lehre aufzugeben und eine Managementaufgabe zu übernehmen. Und ich bin bereit. Allerdings hätte ich ohne den großen Zuspruch, den ich vor der Wiederwahl von den Mitgliedern des Universitätsrats und FAU-Mitgliedern erfahren habe, eine zweite Amtszeit nicht in Betracht gezogen. Das Präsidentenamt war nie Teil meiner Karriereplanung.

In Ihrer ersten Amtszeit mussten Sie einige Turbulenzen überstehen. Angefangen beim Hin und Her bei der Besetzung des Kanzlerpostens, über die Entscheidung des Freistaats in Nürnberg eine neue Uni bauen zu wollen, bis hin zum Ankauf des Himbeerpalasts, der sich immer wieder verzögerte. Was haben solche Ereignisse mit Ihnen gemacht?

Einige sind mir auch persönlich ans Herz gegangen. Aber wir sind in so vielen Bereichen extrem erfolgreich, wir arbeiten sehr hart und wir haben so vieles erreicht in den vergangenen Jahren. Ich glaube, es lässt sich sagen, dass wir die Sichtbarkeit unserer FAU auch jenseits der Region ganz deutlich ausgebaut haben. Da muss man in einem Hochleistungsumfeld wie einer Universität, die sich national wie international dem Wettbewerb stellt, auch einmal akzeptieren, dass nicht jede Meisterschaft zu gewinnen ist, um diese Fußball-Analogie zu bemühen.

Es gab sicherlich auch viele positive Momente. Welche(r) ist Ihnen dabei nachhaltig in Erinnerung geblieben?

Worauf wir alle an der FAU stolz sein können: Dass wir zur innovationsstärksten Universität Deutschlands aufgestiegen sind – europaweit liegt nur eine Universität vor uns. Oder nehmen Sie die Drittmittelförderungen pro Professorin oder Professor – hier führen die Ingenieurswissenschaften an der FAU bundesweit.

Wenn man etwas erreichen will, muss man Kollegen und Studierende für sich und seine Ideen gewinnen, haben Sie einmal gesagt. Glauben Sie, dass Ihnen das gelungen ist?

Diese Frage sollten Sie nicht mir stellen, sondern den Kolleginnen und Kollegen sowie den Studierenden. Aber ich hoffe es natürlich. Wir tun in der Unileitung jedenfalls alles dafür, dass es so ist und erfahren hier auch viel Zustimmung. Die Kultur an der Universität verändert sich. Das weiß, sieht und fühlt man.

Als wichtigste Ziele nannten Sie einmal das weitere Wachstum der FAU und die Internationalisierung der Uni. Wie weit sind Sie auf diesem Weg vorangekommen?

Ein großes Stück – auch wenn der Weg natürlich noch weitergeht. Wir haben in den vergangenen Jahren, vor allem auch jüngst im Kontext der Hightech Agenda Bayern, eine deutlich höhere Zahl an Spitzenwissenschaftlerinnen und Spitzenwissenschaftlern aus dem Ausland berufen als dies in früheren Jahren der Fall war. Dazu zählen so herausragende Leute wie unsere Humboldtprofessorinnen und -professoren – mit insgesamt sieben Professuren sind wir hier eine der erfolgreichsten Unis. Aber dazu zählen auch viele junge Talente, die zum Teil aus dem Ausland stammen, die wir zum Teil aber auch aus dem Ausland nach Deutschland zurückholen konnten. Wir haben durchgesetzt, dass in Bayern die ersten englischsprachigen Bachelor-Studiengänge eingeführt werden – ein großer Anreiz für internationale Studierende. Wir haben weitere zukunftsorientierte, englischsprachige Bachelor- und Master-Programme aufgelegt wie etwa den Master in Artificial Intelligence – der erste universitäre KI-Studiengang deutschlandweit. Trotz Corona und den erschwerten Einreisebedingungen haben wir bei den Zahlen ausländischer Studierender keine Einbußen zu verzeichnen. Und ja, wir wachsen weiter – allein schon, weil durch die Hightech Agenda mindestens 60 Professuren dazukommen. Die ziehen ihrerseits weitere junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch Studierende nach sich. Zusammen mit den Juniorprofessuren, die von Bund und Freistaat gefördert werden, und den neuen Stiftungsprofessuren sind das mehr als 100 neue Professuren – eine Zahl, die sich sehen lassen kann.

Die FAU, das haben Sie gerade selbst gesagt, gilt mittlerweile als besonders innovativ und belegt bundes- und weltweit Spitzenplätze. Macht Sie das stolz?

Natürlich macht mich das stolz. Denn diese Spitzenplätze bei der Innovationskraft bedeuten ja nichts anderes, als dass die Forschung an unserer FAU gesellschaftlich relevant ist, dass sie ganz maßgeblich dazu beiträgt, dass wir Menschen die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern können. Und das zieht sich durch das gesamte Themenspektrum unserer Volluniversität. Nehmen Sie die Energieforschung: Unsere Ingenieurinnen und Ingenieure untersuchen gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus den Naturwissenschaften die Grundlagen genauso wie die industrielle Anwendung von Wasserstoff, Gas oder Solarenergie. Gleichzeitig analysieren die Wirtschaftswissenschaften die volkswirtschaftlichen Aspekte der Energiewende, während in den Geisteswissenschaften politische und soziale Fragen des Klimawandels diskutiert werden. Das Faszinierende ist ja: All diese Forscherinnen und Forscher arbeiten über Fächergrenzen hinweg eng zusammen und tauschen sich aus, so dass Innovation aus der FAU immer alle Perspektiven einbezieht. Wir müssen den Innovationsbegriff sowieso viel weiter fassen. Es geht ja mitnichten nur um Patente oder Technologien – es geht darum, neu zu denken, unsere Welt besser zu verstehen und Visionen in die Tat umzusetzen. In jedem einzelnen Fach.

Ihre zweite Amtszeit dürfte vor allem durch Sanierungen, Umzüge und Neuansiedlungen gekennzeichnet sein. Schrecken Sie diese Aufgaben nicht ab?

Nicht im Geringsten. Sonst hätte ich die zweite Amtszeit wirklich nicht antreten dürfen. Ich freue mich vielmehr auf diese Projekte, zumal die Weichen gestellt sind und es jetzt konkret wird. Die Gelder sind bewilligt, die Bauanträge genehmigt, die Gelände zum großen Teil gekauft. Jetzt geht es um die Präzisierung der Planungen, um die zügige Umsetzung – und natürlich auch darum, unsere Campus-Standorte in der Metropolregion wachsen zu sehen. Zu sehen, wie die FAU diesen neuen Raum, der uns zur Verfügung stehen wird, mit Leben und Wissen füllt. Wir haben in den kommenden Jahren mit dem Himbeerpalast, den Erweiterungen am Südgelände oder der Lehrkräftebildung in Nürnberg die einmalige Chance, unsere Universität innerhalb der Metropolregion noch sichtbarer zu machen und uns komplett neu aufzustellen. Hier spielt auch die enge Anbindung an außeruniversitäre Partner eine große Rolle. Zwei aktuelle Beispiele: Daniel Hess, leitet das Germanische Nationalmuseum, das zugleich ein Leibniz-Forschungsmuseum ist, und hat gleichzeitig einen Lehrstuhl an der FAU. Bernd Fitzenberger ist Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und ebenfalls Professor an der FAU. Beide Forschungseinrichtungen waren bisher nicht über ihre Leitung an die FAU angebunden.

Die Pandemie hat auch Auswirkungen auf die FAU. So findet die Lehre in weiten Teilen online und kaum mit Präsenzveranstaltungen statt. Sehen Sie die FAU gut gerüstet für diese Ausnahmesituation und wo gibt es Defizite, die Sie in den nächsten Jahren ausräumen wollen?

Den Wechsel von Präsenzlehre zu in weiten Teilen fast ausschließlich digitaler Lehre haben wir als FAU, wie ich meine, sehr gut bewältigt. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir bereits über die vergangenen Jahre hinweg begonnen hatten, Lehrveranstaltungen zu digitalisieren. Zudem erforschen wir digitale Lehre wissenschaftlich, was wiederum kurzfristig allen Lehrenden und Studierenden zugute gekommen ist. Allerdings ist es jetzt, während wir uns im dritten reinen Online-Semester befinden, wirklich wichtig, nicht nur über die Perfektion von Online-Tools zu diskutieren, sondern auch wieder Öffnungsperspektiven aufzuzeigen. Unser Credo als Präsenzuniversität seit Beginn der Pandemie war immer – unter der Maßgabe, dass die Sicherheit aller gewahrt wird – so viel digital wie nötig und so viel Präsenz wie möglich. Da müssen wir hinkommen.

Wie stellen Sie sich das denn vor, bei hohen Inzidenzen und während die Politik von Notbremse spricht?

Öffnungsperspektiven kann es nur mit einer ganz klaren Strategie und einem ebenso klaren Zeitplan geben. Die Politik überlegt ja gegenwärtig immer wieder, weitere Modellprojekte oder Modellregionen einzurichten – sei es im Tourismus, sei es, was das öffentliche Leben angeht. Warum nicht auch ein Modellprojekt Universität? 

Wir als FAU würden das sofort unterstützen. Wir sind im Augenblick auch in intensiven Gesprächen mit Partnereinrichtungen sowie Vertreterinnen und Vertretern der Politik, vor allem aber intern auch mit unseren Expertinnen und Experten in der Virologie und der Arbeitssicherheit, welche Voraussetzungen zum Beispiel für ein solches Modellprojekt notwendig wären. Ich meine, neben kontrollierten Öffnungen auf der Basis des zuverlässigen und bewährten Hygienekonzepts müssten wir auch mehr Gewicht darauf legen, das Impfen weiter zu beschleunigen. In der Sekunde, in der betriebsärztliches Impfen zulässig und möglich ist, könnten wir zum Beispiel auf die Impfinfrastruktur unseres Klinikums zugreifen und die Angehörigen der FAU zügig impfen – abhängig von der Verfügbarkeit des Impfstoffs natürlich.

Nach der Pandemie wird vieles anderes sein, heißt es. Auch an der FAU?

Natürlich. Und weil ich ein grundoptimistischer Mensch bin, sage ich: Es wird alles besser. Die Pandemie hat uns einerseits wieder ein wenig mehr Demut gelehrt, andererseits aber auch gezeigt, wie eine Krise Innovation beschleunigt. Was wir allein an der FAU in Sachen Digitalisierung und Modernisierung des Arbeitslebens während der Pandemie mal so eben umgesetzt haben, ist schon unglaublich. Gleichzeitig werden wir nach der Pandemie ganz besonders froh und dankbar sein, wenn wir all das, was wir jetzt schmerzlich vermissen, wieder tun können: Kommilitoninnen und Kommilitonen oder Kolleginnen und Kollegen persönlich treffen, in der Mittagspause gemeinsam einen Kaffee trinken, größere Meetings mit lebhaften Diskussionen von Angesicht zu Angesicht. All das. Ich vermisse das sehr.

Und darüber hinaus: Was ist Ihr größter Wunsch für die zweite Amtszeit?

Ich will, dass wir diese Pandemie schnell in den Griff kriegen. Ich wünsche mir, dass uns die Reform des Hochschulgesetzes ideale Rahmenbedingungen gibt, um uns weiter zu entwickeln und eine Universität neuen Zuschnitts zu werden, in der Hochschulinnovation möglich ist. Ich möchte, dass unsere FAU eine Plattform der Freiheit ist für alle jene, die bereit sind, Neues zu wagen – in ihrem Studium, in der Lehre, in der Forschung, in ihrem Arbeitsalltag. Ich wünsche mir, dass wir als FAU mit Selbstbewusstsein auf unsere eigenen Stärken schauen und sie weiterentwickeln – denn davon haben wir viele. Und ich möchte, dass unsere Studierenden das Gefühl haben, dass genau hier, an der FAU, der ideale Ort ist, um gemeinsam mit Gleichgesinnten die Welt zu verändern.

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