Erlanger zerreißen Brustimplantate

22.7.2014, 09:27 Uhr
Brustimplantate sind starken Belastungen ausgesetzt. Minderwertige Silikonkissen sind zu starken Druck nicht gewachsen, die Füllung tritt aus.

© Bruno Bebert Brustimplantate sind starken Belastungen ausgesetzt. Minderwertige Silikonkissen sind zu starken Druck nicht gewachsen, die Füllung tritt aus.

Millionen Frauen weltweit lassen sich ihre Brüste mit Implantaten aus Silikon vergrößern oder hoffen auf eine Rekonstruktion nach Brustkrebs. Das ist nicht immer ungefährlich, wie der Skandal um die französische Firma Poly Implants Prothèse (PIP) gezeigt hat. Die Firma hatte Implantate mit billigerem Industrie-Silikon hergestellt, anstatt mit für Medizinprodukte zugelassenen Silikonen. Die fatale Folge: Viele Implantate rissen.

Der Skandal vor zwei Jahren war der Ausgangspunkt der Forschungen über Silikon in Brustimplantaten an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Inzwischen empfiehlt die EU-Kommission sogar das von Erlanger Wissenschaftlern um Professor Dirk W. Schubert vom Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften entwickelte Verfahren, um die Qualität verschiedener Implantate zu vergleichen.

„Schon vor dem PIP-Skandal wurden Brustimplantate untersucht — allerdings deutlich schlechter als Gummidichtungen beim Auto“, stellt Schubert fest, der in einem Expertenteam die EU-Kommission zu Brustimplantaten berät. Das Versagen der PIP-Implantate hatte eine europaweite öffentliche Diskussion um bessere Qualitäts- und Überwachungsvorschriften ausgelöst, sorgte aber auch für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Silikon-Implantaten.

Die Forscher der FAU begannen vor zwei Jahren mit Zugproben. Damit testeten sie, wie reißfest die Hüllen der PIP-Implantate und die anderer Hersteller sind. Um Aussagen über das komplette Implantat treffen zu können, entnahmen sie mindestens 100 Proben pro Implantat. Ihre Forschungen zeigten, dass es sinnvoll ist, die Proben für die Zugtests auf ganz spezielle Weise zu entnehmen.

Dazu wird die Implantathülle aufgeschnitten wie eine Orange, von oben nach unten, in zwölf Segmente. Aus diesen Teilbereichen werden dann die Zugproben ausgestanzt. Besonders entscheidend ist dabei die Richtung, denn Implantathüllen weisen meist einen Riss entlang der flachen Seite des Brustimplantats auf. 

Für bessere Ergebnisse stanzten die Forscher deshalb die Zugproben quer zur potenziellen Rissrichtung aus. Das Ergebnis: Silikon-Implantate sind nicht an jeder Stelle gleich reißfest und Implantat ist nicht gleich Implantat. Die getesteten Implantate mit rauen Oberflächen rissen deutlich häufiger als die weniger rauen.

Derzeit untersuchen die FAU-Forscher das Hüllenmaterial, indem sie unterschiedliche Oberflächenstrukturen selbst herstellen und auf Reißfestigkeit prüfen. Auf diese Weise hoffen die Materialwissenschaftler nun das beste Silikon für die Herstellung von Brustimplantaten zu finden.

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