EU-Agrarreform: Für ERH "nicht der große Wurf"

26.10.2020, 10:07 Uhr
EU-Agrarreform: Für ERH

© Archivfoto: Patrick Pleul/dpa

Einer, der jeden Schritt in Brüssel genau beobachtet, ist Gerhard Lang vom Bayerischen Bauernverband (BBV). Der Fachberater in der Geschäftsstelle Nürnberg ist unter anderem für den Kreisverband Erlangen-Höchstadt zuständig – und kennt sich mit den Gegebenheiten des Landkreises aus. "Hier gibt es ja im Gegensatz etwa zu den Neuen Bundesländern vor allem kleinere Landwirtschaftsbetriebe", sagt er mit Blick auf die Pläne der zuständigen Ressortchefs.

Unter anderem sollen zwei Drittel der Fördergelder wie bisher ohne nennenswerte Umweltauflagen nach Anbaufläche verteilt werden. Davon profitieren vor allem größere Betriebe.

Für Lang reichen die Ausgleichszahlungen als alleiniger Anreiz für einen Umstieg auf Öko gerade bei Kleineren aber nicht aus. "Das liegt nicht daran, dass die Zahlungen zu niedrig sind, die wären schon mal ganz gut", sagt er und fügt hinzu, "außerdem haben ökologisch wirtschaftende Betriebe schon jetzt eine höhere Ausgleichszahlung."

Angebot auf dem Markt künstlich erhöht

Der frühere Landwirt und jetzige BBV-Vertreter sieht indes ein anderes Problem: "Es wird für solche Betriebe immer wieder schwierig sein, ihre Produkte, die auch in der Erzeugung teurer sind, dementsprechend zu verkaufen." Wenn man jetzt versucht, mit einer noch höheren Ausgleichszahlung die Zahl der umstiegswilligen Betriebe zu erhöhen, erhöht man ja auch künstlich das Angebot auf dem Markt."

Das aber müsse durch die Nachfrage auch abgenommen werden können. "Wenn das Ganze dazu führt, dass die Preise nach unten gehen, werden ökologisch arbeitende Betriebe auch nicht davon profitieren können, sondern nach der Erhöhung der Ausgleichszahlungen weniger im Geldbeutel haben als vorher."

BN ist für mehr Landschaftsschutz

Diese Zahlungen würden Verkaufslücken nicht schließen können, weder im Öko-Landbau noch in der konventionellen Landwirtschaft. Was bisher von den EU-Plänen bekannt ist, hält Lang daher (noch) nicht für einen "großen Wurf".

Eine ähnliche Einschätzung hat auch der Vorsitzende der Kreisgruppe des Bundes Naturschutz (BN) Höchstadt-Herzogenaurach, Helmut König — wenn auch aus anderen Gründen. Für den Umweltschützer reichen die Brüsseler Pläne noch nicht aus, um mehr Landwirte zum Umstieg zu bewegen. "Da könnte man mehr tun", sagt er. Seiner Meinung nach müssten die Landwirte auch etwas mehr für die Natur machen müssen, Landschafts- und Naturschutz kämen in den Bestimmungen weiter zu kurz. "Die Landwirte machen ja schon einiges", meint König, "aber es könnte noch mehr sein."

Was bleibt übrign von den Brüssler Plänen?

Zweifel hat er auch an der Umsetzung — und daran, was von den Plänen übrig bleiben könnte. So soll es Öko-Regelungen geben, die dem einzelnen Landwirt, der ökologisch wirtschaftet, weitere 20 Prozent an Fördermitteln einbringen würden. Das Parlament hatte sich indes sogar auf 30 Prozent an Öko-Geldern festgelegt. König befürchtet, am Ende könnten es sogar noch weniger sein. "Schon 20 Prozent sind zu wenig, um den Ökolandbau zu unterstützen, aber wahrscheinlich sind es schließlich nur zehn Prozent", sagt er. Landwirte, die weniger auf den Naturschutz achteten und nur ihren Ertrag einbringen wollten, würden gefördert und die anderen, die das "aus unserer Sicht" vernünftiger angingen, kriegten zu wenig.

Große Betriebe gibt es kaum im Landkreis

Das könnte Manfred Bachmayer, der Sprecher des Kreisvorstands von Bündnis 90/Die Grünen in Erlangen-Land, wohl bestätigen. "Wenn man sich das, was bisher als Systemwechsel verkauft wird, anschaut, ist es eher so, dass man beibehält, was schon ist." Mit der EU-Reform würden große Betriebe gefördert, die aber gebe es im Landkreis kaum. "Deshalb bringen die geplanten Gelder unseren Bauern wenig". Weiterhin dürfte Gülle ohne Begrenzungen oder Regeln ausgebracht werden. "Da sind keine großen Fortschritte erkennbar", kritisiert er. Eine Ökowende sehe er nicht, auch wenn Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner das gerne so darstelle, kritisiert er.

Weniger skeptisch ist hingegen der CSU-Landtagsabgeordnete für Erlangen-Höchstadt, Walter Nussel. "Ich sehe es schon positiv, vor allem deshalb, weil der Föderalismus zum Tragen kommt". Man versuche, den kleineren Betrieben wieder mehr zu geben, das müssten die Länder anpassen. Aus Nussels Sicht sind die Entscheidungen in Bezug auf Öko-Ausbau, Klima- und Naturschutz völlig in Ordnung. "Was da entschieden wurde, reicht jetzt erst einmal aus."

Keine Kommentare