Feentanz mit wohldosiertem Pathos

27.11.2018, 18:31 Uhr

Das Programm, das die "Camerata Franconia" mit ihrem Gründer und Leiter Dorian Keilhack präsentierte, wurde dem Totensonntag entsprechend "still" gestaltet.

Aus der Tiefe einer gesanglichen Cello-Kantilene erhebt sich in Richard Strauss’ "Metamorphosen für 23 Streicher" die Klage über die Zerstörung der Musikwelt durch den Zweiten Weltkrieg. Die Musiker, zusammengeführt aus ganz Europa, finden exakt diese faszinierende Mischung aus Verzweiflung und Überlebenskraft der Musik. Dorian Keilhack erreicht trotz der Vielzahl der Stimmen eine fein gezeichnete Transparenz, deren mannigfaltige Linien man mit großer Konzentration folgt. Keilhack und die "Camerata Franconia" interpretieren dieses schillernde Stück mit tiefer Empathie, sie finden die Momente des Schwebens und des Gesangs. Duftig wie ein Aquarell verlieren sich die Konturen in der unbeschreiblichen Ruhe des abschließenden Adagios.

Die Rhythmik betonend

Aus so einer Stimmung führt eigentlich nur einer, nämlich Johann Sebastian Bach, in dessen Doppelkonzert für zwei Violinen d-moll BWV 1043 die erst zwölfjährige Alma Vivienne Keilhack und ihr Violin-Professor, der hoch angesehene Lehrer an der Musikhochschule Würzburg, Herwig Zack, die Solo-Parts übernommen haben. Stark die Rhythmik betonend, dirigiert Keilhack Cembalo-Ensemble und Solisten, die sich vom ersten Ton an als Einheit fühlen, ganz der Musik hingegeben und dadurch auch ganz entspannt. Viel ist das auch das Verdienst der jungen Solistin, die einfach im Musizieren aufgeht, den Blickkontakt zum dirigierenden Vater sucht und den Kontakt zu ihrem Lehrer nie verliert. Alma Keilhack strahlt eine natürliche Sicherheit aus, die manch ein Profi nie erreicht. Da kommt jeder Einwurf nicht nur organisch pünktlich, sondern wie selbst erdacht, angemessen dem Zusammenhang, mal fragend, mal bestätigend, stets von tiefem Verständnis zeugend. Die "Camerata Franconia" erweist sich hier als perfekter Partner, nie die Solisten zudeckend, aber immer tonschön präsent. So wird aus dem träumend ausgehorchten "Largo ma non troppo" ein andächtiger Gottesdienst. Der vor Vitalität sprühende Finalsatz mündet im begeisterten Jubel des Publikums, in Bravo-Rufen und Fußgetrampel.

Für jede der immer wiederkehrenden Motivwiederholungen in Samuel Barbers berühmtem "Adagio for Strings" kreiert die "Camerata Franconia" in beeindruckender Homogenität eine neue Anmutung. Was für ein genialer "Regieeinfall", dieses Adagio mit Dmitri Schostakowitschs Kammersinfonie op. 110a zusammenwachsen zu lassen! Bei diesem schweren Stück ist Ensemble-Virtuosität gefordert, unbedingte Wachsamkeit untereinander und für den Dirigenten. Dann wird aus dem Sprungbogen ein Feentanz, so entstehen riesige Tonfiguren, unisono, mit wohldosiertem Pathos, und so ergreift dieses introvertierte Werk den Zuhörer.

Nicht enden wollender Applaus

Tief bewegt spendete das Publikum nicht enden wollenden Applaus, der nicht nur den Musikern galt, die zu Gunsten des "Sonderfonds für Kinder" auf ihre Gage verzichtet haben, sondern auch den Veranstaltern.

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