Sommer-Serie

Für das Bio-Blockhaus einer Eckentaler Finnin interessiert sich selbst die Regierung

19.9.2021, 10:13 Uhr
Für das Bio-Blockhaus einer Eckentaler Finnin interessiert sich selbst die Regierung

© Scott Johnston

Um an ihren Lieblingsort zu gelangen, muss die gebürtige Finnin keinen Schritt gehen oder gar eine längere Strecke fahren: Es ist ihr Bio-Blockhaus samt dem dazugehörigen Naturgarten am Eckenhaider Südring. Beide seien zusammen mit dem Interieur ein Gesamtkunstwerk, hebt sie hervor.

Dies ist wörtlich gemeint, denn bei Mirjami Ärmänen gehen Kunst und Alltag ineinander über, lassen sich die zwei Bereiche bis hin zu Gebrauchsgegenständen wie Gläser, Decken oder dem Radio nicht trennen. Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam sie in Karelien zur Welt, einem Land, das während seiner Geschichte von Finnland und Russland umkämpft und meist geteilt war; heute gehört es als Teilrepublik zur Russischen Föderation.

Frühe Flucht

Bereits zwei Monate nach der Geburt von Mirjami musste die Familie vor der Roten Armee fliehen. Ihr Abitur legte die talentierte Malerin in Helsinki ab, bevor sie an der Hochschule für Bildende Künste in West-Berlin Kunsterziehung studierte.

Nach dem Staatsexamen ging sie in die USA, wo sie als Kunsterzieherin und freischaffende Künstlerin arbeitete. Studienreisen nach Mexiko und Südamerika folgten.

Schließlich wurde sie 1971 in Mittelfranken sesshaft und begeisterte am Helene-Lange-Gymnasium in Fürth und am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Erlangen die Schüler für die Werke der großen Meister, regte sie aber vor allem an, sich selbst kreativ zu entfalten: „Die Kinder und Jugendlichen zu motivieren, war für mich nie ein Problem. Sie ließen sich rasch von der Faszination erfassen, die von der Bildenden Kunst ausgeht. Oft kamen sie schon vor dem Beginn des Unterrichts in den Zeichensaal, um ihre Bilder zu verfeinern.“

Für das Bio-Blockhaus einer Eckentaler Finnin interessiert sich selbst die Regierung

© Scott Johnston

Die Pläne für das Haus in Eckenhaid, das 1983 gebaut wurde, entwarf sie selbst. Es orientiert sich komplett an ökologischen Gesichtspunkten. Die Verwendung von natürlichen Materialien sowie der schonende Umgang mit Energie und Ressourcen sind dabei zentral. Hierzu konstruierte Mirjami Ärmänen beispielsweise die Zuleitung mit Regenwasser für die Toilettenspülung.

Fast noch wichtiger ist ihr, viele Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu ermöglichen. In ihrem Garten schaffen heimische Sträucher, Bäume, Blumen und Gräser eine Vielfalt an kleinräumigen und abwechslungsreichen Strukturen. Zahlreiche Schmetterlinge gaukeln durch die Luft, die von Vogelgezwitscher erfüllt ist, während eine Zauneidechse vorsichtig hinter einem Stein hervorlugt und auf einem Blatt ein bei uns selten gewordener Laubfrosch geduldig darauf wartet, dass sich eine Fliege in seinen Sprungradius wagt.

Dazwischen platziert Mirjami Ärmänen ihre farbenfrohen Kunstwerke. Angeregt hat sie die neben ihren Aufenthalten auf dem amerikanischen Kontinent und in Griechenland nicht zuletzt die finnische Sagen- und Märchenwelt. Trolle, Feen oder Feuerwesen inspirieren nach wie vor ihre Fantasie.

Für das Bio-Blockhaus einer Eckentaler Finnin interessiert sich selbst die Regierung

© Scott Johnston

Die heute 82-Jährige liebt auch die Literatur und hat mehrere Kinderbücher veröffentlicht, darunter die Geschichte von einem alten Schaukelstuhl, der auf Reisen geht und allerlei Abenteuer erlebt.

Bei ihren Skulpturen verwendet sie gern Abfallprodukte, fragt beim Eckentaler Recyclinghof nach, ob sie nicht Metall-, Kunststoff- oder Kabelreste einer Wiederverwertung der etwas anderen Art zuführen darf. Eine Familie von Außerirdischen mit recht wildem Haarwuchs aus isolierten Drähten ist auf diese Weise entstanden.

Auch im Haus gibt es kaum einen Bereich, den nicht die Kunst erobert hat. Kissen, Wandteppiche, Möbel, die Verkleidung von Elektrogeräten: Der Gestaltungswille von Mirjami Ärmänen kennt keine Grenzen.

Paradiestreppe als Verbindung

Erd- und Obergeschoss verbindet eine Paradiestreppe, die von Adam, Eva und einer Schlange aus Holz flankiert wird. Zum Glück bleibt an den Wänden noch Platz für die Gemälde, deren Schwerpunkt auf Porträts, Stillleben und der Darstellung von Landschaften liegt. Oft erst auf den zweiten Blick zu erkennen, greift die Eckentalerin mit skandinavischen Wurzeln bei ihren Motiven auch die Zerstörung der Umwelt auf, wenn etwa aus einem stilvollen Becher vergiftetes Wasser schimmert oder ein Vogel auf einer reich gedeckten Tafel verendet.

Vor der Corona-Pandemie zeigte Mirjami Ärmänen bei ihren jährlichen Kunsttagen Hunderten von Besuchern ihren eigenen Garten Eden inklusive des Blockhauses. Die Regierung von Mittelfranken hat dieses Gesamtkunstwerk inzwischen als Stiftungserbe anerkannt, was bedeutet, dass es über den Tod der Bewohnerin hinaus erhalten bleibt. Wer Interesse hat und sich an die geltenden Hygieneauflagen hält, kann sich wegen einer Besichtigung bei Mirjami Ärmänen unter der Rufnummer (0 91 26) 41 15 melden. Lohnenswert ist auch eine virtuelle Reise auf ihrer Homepage.

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