Gedenkfeier der vier Erlanger Altstadtgemeinden

14.7.2019, 16:30 Uhr
Gedenkfeier der vier Erlanger Altstadtgemeinden

© Harald Sippel

Das "temporäre Mahnmal" mit 2500 Pflastersteinen für die Opfer soll die aktuelle Diskussion um den Ort und die Form eines dauerhaften Gedenkens befördern, die Gemeinden wollen sich aber bewusst aus der Debatte um eine konkrete Umsetzung heraushalten, so der Pfarrgemeinderatsvorsitzende von Herz-Jesu, Klaus Koschinsky in seiner Begrüßung.

Wie auch die Gedenkfeier mit über 50 Besucherinnen und Besuchern zeigte, arbeiten die Innenstadtkirchen derzeit besonders intensiv zusammen. In den Kirchengemeinden der reformierten (Hugenotten-)Kirche, der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde und den beiden evangelischen Kirchen in Altstadt und Neustadt haben die Geschehnisse von vor 80 Jahren eine intensive Debatte hervorgerufen, erst jetzt wird offenbar wirklich bewusst, dass die Heil-und Pflegeanstalt auf ihrem Gemeindegebiet lag, die Toten und Getöteten auf ihren Friedhöfen bestattet wurden und ihre Seelsorger Kranke krank Gemachte besuchten. Dokumente in den Gemeindearchiven deuten auf das Grauen hin.

Peter Baumann, Pfarrer der lutherischen Altstadtgemeinde, warf die Frage auf, wie eine Stadtgesellschaft angemessen der Opfer gedenken sollte, die in einer vermeintlich bewahrenden und unterstützenden medizinischen Einrichtung absichtlich zu Tode gekommen sind. In der jüngsten Vergangenheit habe das Schicksal der Insassen der Heil- und Pflegeanstalt während der nationalsozialistischen Zeit verstärkt Eingang in die öffentliche Debatte gefunden, die Diskussion um die Zukunft der letzten verbliebenen Bauwerke dieser Einrichtung bewege viele Menschen.

Teil der eigenen Geschichte

Den vier in der Innenstadtökumene zusammengeschlossenen Kirchengemeinden sei deutlich geworden, dass das Geschehene Teil der eigenen Geschichte sei, dass Pfarrer auch mit der Seelsorge an den Bewohnern der Hupfla betraut waren. Die Augenzeugenberichte eines den Vater begleitenden Pfarrersohns bestätigten die furchtbare Hungersituation innerhalb der Mauern der Anstalt, auf dem Altstädter Friedhof wurden die Toten der Hupfla schnell und heimlich beerdigt. Die Totenbücher ließen erkennen, dass deren Anzahl stetig gestiegen sei. Selbst katholische Insassen der Hupfla wurden – sehr ungewöhnlich – seien hier beerdigt worden, um Nachprüfungen unmöglich zu machen. Bei älteren Bewohnern der Altstadt seien auch noch die Züge grau gekleideter Frauen mit Leiterwagen in Erinnerung, die die Vielzahl der Gräber auf dem Friedhof zu pflegen hatten.

Beim Entschluss für einen Ort des Erinnerns habe man sich an der jüdischen Tradition orientiert, beim Besuch eines Grabes Steine zu hinterlassen. Die 2500 Steine am Kirchenplatz sollten an die geschätzt 2500 Opfer erinnern.

Der Pfarrer der Neustädter Gemeinde, Wolfgang Leyk, wurde von dem ebenfalls anwesenden Lehrstuhlinhaber für die Geschichte der Medizin, Prof. Karl Heinz Lewen, darauf verwiesen, dass die Universität seit geraumer Zeit und keineswegs hinter verschlossenen Türen (wie von Leyk intendiert) die Geschehnisse untersuche und dokumentiere. Man möge dies auch zur Kenntnis nehmen.

In der Herz-Jesu-Kirche setzten sich die Gespräche fort.

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