Gegen Agrarpolitik: Landwirte aus Höchstadt bei Bauerndemo 2.0

27.11.2020, 06:00 Uhr
Gegen Agrarpolitik: Landwirte aus Höchstadt bei Bauerndemo 2.0

© privat

Beim großen Bauern-Protest am 26. November 2019 war Ralf Geyer aus Schirnsdorf dabei, damals sogar mit eigenem Schlepper. Genau ein Jahr später macht sich der Landwirt mit rund 25 Mitstreitenden aus dem Raum Höchstadt erneut auf den Weg.

Auch wenn es dieses Mal nach München geht, bleibt der Grund für die Kundgebung, zu der sich mit Abstand und Mundschutz am Ende laut Geyer etwa 100 Bauern versammeln, doch der Gleiche: nämlich die Unzufriedenheit mit der Politik.

In den vergangenen zwölf Monaten habe sich die Situation für seinen Berufsstand nicht verbessert, vielmehr verschlechtert. "Es kommen immer mehr Auflagen dazu", beklagt er sich im Gespräch mit diesem Medienhaus. Die könnten die Landwirte gar nicht mehr leisten, und wenn, dann würden sie das finanziell nicht überleben.

Um das zu veranschaulichen, reist er mit einem Sarg im Gepäck in der Landeshauptstadt an: "Das Höfesterben geht weiter", sagt er.

Hof über viele Generationen in Familienhand

Ob sein Sohn, der an diesem Tag ebenfalls in München protestiert, oder seine Tochter den mehr als zehn Generationen alten Hof übernimmt, ist noch unklar. Klar ist nur, dass Vater Ralf das weitere Höfesterben mit seinem Einsatz verhindern will — und deshalb als Sprecher und Mitorganisator der Aktion "Bauerndemo 2.0" an diesem Donnerstag fungiert.

So modern das Motto mit "Bauerndemo 2.0" auch klingt, Geyers Ansichten sind bodenständig: Wenn sich etwa die Regelungen für Ställe und Käfige änderten, könnten die Landwirte ja nicht ständig umbauen: "Da gibt es auch keine Kredite mehr von der Bank, die meisten haben ja Investitionen für 30 Jahre gemacht, wo sollen wir denn das Geld für die ständigen Änderungen herhaben?"

Vorschriften, die ständig wechseln, könnten die Betriebe nicht mehr umsetzen. Auch derkürzlich in Brüssel auf den Weg gebrachten EU-Agrarreform, die unter anderem neue Bestimmungen zu Ausgleichszahlungen vorsieht, steht Geyer kritisch gegenüber: "Da gibt es wieder Geldkürzungen und neue Auflagen, die vor allem die kleinen Familienbetriebe kaputt machen", meint er.

Mit 400 Hektar 

Er selbst gehört da aber nicht wirklich dazu. Denn eine Landwirtschaft mit rund 400 Hektar zählt in Franken schon zu den größeren. Zudem hat er, anders als etliche Bauern, keine Tierhaltung, sondern einen reinen Ackerbaubetrieb und sich mit dem Anbau von Raps und der Herstellung des daraus gewonnenen Öls spezialisiert.

Doch auch ihm mache die Politik zu schaffen: "Als ich mit dem Rapsanbau begonnen hatte, haben wir rund 60 Euro für den Doppelzentner gekommen, jetzt sind es etwa 30 bis 35 Euro". Er ist überzeugt, dass das Geld gekürzt worden sei, damit die Verbraucher billige Nahrungsmittel hätten. "Dafür haben wir einen Ausgleich bekommen", räumt er ein.

Diese Ausgleichszahlungen würden jetzt (indirekt) durch mehr Umweltauflagen und ständig neue Anforderungen und Richtlinien weiter gekürzt. "Wir bekommen die Ausgleichsmittel, damit die Produkte für den Verbraucher billiger sind." Das werde oft falsch dargestellt.

Doch was ist mit dem Wunsch vieler Konsumenten nach Lebensmitteln, die mit wenig oder gar keinem Einsatz von Insektenschutz hergestellt werden? "Wenn wir jetzt anfangen im Raps keine Pestizide mehr zu Gspritzen, dann wird nächstes Jahr in Deutschland keiner mehr angebaut", antwortet Ralf Geyer recht aufgebracht.

Das sei nicht möglich, da der Rapsglanzkäfer alles zerstöre. "Wir machen das, aber dann muss sich der Verbraucher darauf einstellen, dass es im nächsten Jahr für die Bienen keine gelben Blühflächen gibt, wir aber haben damit kein Problem."

Doch der Verbraucher müsse die Konsequenz dann akzeptieren, sagt Geyer. "Der Verbraucher stellt sich immer hin und fordert und fordert, will aber nichts dafür ausgeben".

Auch wenn die Konsumenten in Umfragen angäben, mehr für Bio-Produkte auszugeben, würden sie es in der Praxis nicht tun: Es seien 20 Prozent, die das machten, und allein von ihnen könnten die Landwirte nicht existieren. "Wenn der Verbraucher genug zahlt, würden sich die Landwirte ein Schwein halten und es täglich streicheln." Auch Pharmaunternehmen würden die Umwelt belasten und verschmutzen, aber da rede nie jemand darüber: "Es werden immer nur wir Bauern kritisiert."

BN-Chef: Schwarzmalerei

Für Geyer sind die Rufe nach mehr Bio-Anbau ohnehin eher unrealistisch: "Wenn wir alles auf bio umstellen, haben wir noch 30 Prozent der jetzt erzeugten Lebensmittel, dann müssen wir für jedes Hektar Bio irgendwo Regenwald oder Land in Russland wieder urban machen."

Für den Vorsitzenden der Kreisgruppe des Bundes Naturschutz (BN) Höchstadt-Herzogenaurach, Helmut König, ist das ein bisschen Schwarzmalerei.

In vielen anderen Ländern sei es doch kein Problem, wenn der Anteil der Produkte aus ökologischer Landwirtschaft erhöht werde, erläutert er auf Nachfrage. "Da funktioniert es auch, und wenn man jetzt aber sagt, da gehen uns die Lebensmittel aus, macht man alles gleich negativ."

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