Goethes glückliche Zeichnerin aus Erlangen

23.5.2009, 00:00 Uhr
Goethes glückliche Zeichnerin aus Erlangen

Friedrichstraße 19, dem «Wildensteinschen Palais» - erinnert heute nichts mehr an sie: Hier erblickte Julie Gräfin von und zu Egloffstein als Tochter des preußischen Kammerherrn Gottlieb Friedrich Leopold Graf von und zu Egloffstein und dessen Ehefrau Henriette von und zu Egloffstein, am 12. September 1792 das Licht der Welt. An der Seite ihrer Schwestern und ihrer Mutter Henriette verbrachte Julie ihre Kinder- und Jugendjahre überwiegend auf der majestätisch ins Land blickenden Burg Egloffstein. In den Fels-Nischen unterhalb der Burg hatte die kleine Julie schon frühe Kinderzeichnungen gefertigt.

Die romantischen Plätze rund um die Burg wie «Hedwigs Ruh» (1812) oder «Komtessenruh» (1813) bildete sie in schönen filigranen Zeichenstrichen ab. Ihre literarisch bewanderte Mutter Henriette führte sie seit 1816 für ein gutes Jahrzehnt dem Weimarer Hof um den «Dichterfürsten» Goethe zu. Goethe hatte Julie bereits in einem Schreiben von 1811 an die «Tante Caroline» als eine «glückliche Zeichnerin» vergöttert, weshalb der aus Kunreuth gebürtige Weimarer Staatskanzler von Müller seine Landsmännin Julie gern als «Goethes glückliche Zeichnerin» betitelt wissen wollte. In ihrem Weimarer Atelier ist auch Julies bekanntes Selbstbildnis in Öl mit der Burg Egloffstein im Hintergrund (1821) als ihr erstes größeres «Staffeleigemälde» entstanden.

Von Ludwig I. geschätzt

Im Juli 1830 begegnete Julie in Neapel dem von 1819 bis 1824 in Erlangen studierenden Dichter August Graf von Platen (1796-1835). Kein Geringerer als der Bayernkönig Ludwig I. hatte nach einem Zusammentreffen mit Julie im Spätsommer 1835 die «Glückliche Malerin» für seine Münchener Residenz «entdeckt.» Der kunstergebene, aber sonst «porträtscheue» Bayernkönig überschüttete Julie mit Lob: «Noch nie saß zu seinem Bildnisse so gerne wie zu diesem der König von Bayern Ludwig.»

Ihre zweite Lebenshälfte - annähernd 40 Jahre - verbrachte die Erlanger Kunstmalerin an der Seite ihrer Mutter und ihrer Schwestern auf dem säkularisierten Klostergut Marienrode. Als Spätwerke der schon von der fortschreitenden Erblindung gezeichneten Künstlerin gelten das anlässlich der Geburt des hannoverschen Kronprinzen entstandene Gemälde «Mädchen im weißen Kleid» sowie mehrere schöne Ansichten von Marienrode und der Bernwardsstadt Hildesheim. Nach langen Krankheitsjahren stirbt Julie 76-jährig. Ihr Grabstein im Kloster Marienrode zeugt von ihrer Erlanger Herkunft: «2. Tochter Julie, Gräfin von und zu Egloffstein, geb. 12. September 1792 zu Erlangen, heim gegangen 15. Januar 1869.

In Marienrode ist sie immer gern als «Hildesheimer Malerin Gräfin Julie von Egloffstein» reklamiert worden. Eine Straße wurde dort nach ihr benannt. Das Römer-Pelizaeus-Museum in Hildesheim arrangierte 1992 zu Ehren Julies eine große Ausstellung, und Hiltrud Schröder, die ehemalige Gattin des Alt-Bundeskanzlers, hat in ihren Biografischen Porträts Julie von Egloffstein gar zu den «bedeutenden Frauen Hannovers» hinzugezählt. Mal sehen, wann in Erlanger mal wieder «Goethes glücklicher Zeichnerin» gedacht wird. PETERS/OSTERTAG-HENNING

Michael Peters: «Julie Gräfin von und zu Egloffstein, Kunstmalerin.» 2006 Sonderdruck aus Fränkische Lebensbilder, Band 21.