Gratis-ÖPNV in Erlangen nur mit Zustimmung zu VGN-Tarifanhebung

22.4.2021, 06:00 Uhr
Gratis-ÖPNV in Erlangen nur mit Zustimmung zu VGN-Tarifanhebung

© Erlanger Stadtwerke

Ab Januar 2022 soll es im  Innenstadtbereich in Erlangen ein kostenloses ÖPNV-Angebot geben. Die Kliniklinie – die zum 1.1.2023 von einer dann deutlich mehr Haltepunkte in der Innenstadt anfahrenden City-Linie ersetzt wird – und auch andere Busse können dann umsonst benutzt werden. So hat es das Erlanger Stadtoberhaupt mit dem VGN ausgehandelt. Beschlossen ist der Deal damit zwar noch nicht, aber in greifbarer Nähe.

Dafür, dass er umgesetzt werden kann, lieferte ein Gutachten des Fachausschusses die Grundlage. Mit den Stimmen von SPD, CSU und FDP sprachen sich die Stadträte dafür aus, Grüne, Klimaliste, ÖDP waren dagegen.

Jährliche Tarifanhebung

Dass es sich um ein Gesamtpaket handelt, machte OB Florian Janik im Ausschuss gleich eingangs deutlich. Denn die Stadträte sollten damit auch für eine verbundweite Anhebung der VGN-Tarife ab 1. Januar 2022 stimmen, die in der Tarifstufe C 5,5 Prozent beträgt – hier wird die 2021 ausgefallene Erhöhung mit eingerechnet – , und für eine indexbasierte Tariferhöhung ab 1. Januar 2023 für mindestens vier Jahre. Man werde somit zurückkehren in eine verlässliche jährliche Tarifsteigerung, so Janik.

Ein Beschluss gegen die Tariferhöhungen hätte die Konsequenz, dass Erlangen dem ausgehandelten Tarifkompromiss nicht zustimmt, erklärte der Oberbürgermeister. "Damit wäre eine kostenlose Innenstadtzone vom Tisch, weil sie Teil des Kompromisses ist."

Gutes Signal für den Handel

Die aber sei ein sehr gutes Signal im Bereich des Handels, so Janik. "Wir begrüßen es als Fraktion, dass man versucht, wieder auf die Spur zu kommen", sagte CSU-Stadträtin Alexandra Wunderlich. "Gute Leistung muss auch gut bezahlt werden", fügte sie hinzu. Das entscheidende Kriterium aber sei die Attraktivität. Und man habe die Chance, hier etwas Nachhaltiges zu machen.

In der Opposition mochte nur FDP-Stadtrat Holger Schulze uneingeschränkt zustimnmen. "Das könnte ein echter Game Changer sein", meinte er. "Wir sollten die Chance nutzen, gerade wenn wir die Innenstadt autofrei kriegen wollen." Anderen Oppositionsparteien ist jedoch die damit einhergehende Tariferhöhung ein Dorn im Auge. "Ein Modell, das es 1984 schon mal gab, wird uns jetzt als Danaergeschenk vorgelegt", kritisierte Linken-Stadtrat Johannes Pöhlmann. Als "ein Appetithäppchen, damit man den Fahrpreiserhöhungen zustimmt", bezeichnete Frank Höppel (ÖDP) die kostenfreie Innenstadtzone und Martin Hundhausen (Klimaliste) schlug vor, mit einer Bürgerbeteiligung herauszufinden, "ob die Menschen einer Erhöhung zustimmen".

"Riesige Steigerung der Attraktivität"

Ein kostenloser City-Tarif sei eine riesige Steigerung der Attraktivität des ÖPNV, befand Grünen-Stadträtin Tina Prietz. Eine kostenlose Kliniklinie – das war auch eine Forderung der Grünen, die mit der jetzt ausgehandelten kostenlosen Innenstadtzone sogar übertroffen wird. "Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass die Kommunikation offener läuft und wir frühzeitiger informiert werden." Tatsächlich aber habe man aus der Zeitung davon erfahren.

Zwei Anträge hatten die Grünen bereits vor Bekanntwerden des jetzigen Tarifkompromisses gestellt und wollten sie, soweit sie mit dem "Deal" nicht abgedeckt sind, auch jetzt noch ins "Gesamtpaket" einbringen. Ein problematischer Punkt aus ihrer Sicht: "Dieser Deal ist nicht gut, weil wir uns auf fünf Jahre festlegen".

Ausgleich aus städtischem Topf?

Man zementiere damit die jährlichen Tarifanhebungen für einen sehr langen Zeitraum – und das, "obwohl aus heutiger Sicht nicht absehbar ist, wie sich die finanziellen Rahmenbedingungen des ÖPNV vor dem Hintergrund eines zunehmenden Klimabewusstseins und anstehender Bundestags- und Landtagswahlen in dieser Zeit verändern". Bislang seien dem Stadtrat Tariferhöhungen jährlich zur Entscheidung vorgelegt worden. Wenn man dies so beibehalte, könnte der Stadtrat, so der Grünen-Vorschlag weiter, jedes Jahr neu beschließen, ob man die Fahrpreiserhöhung mit Geld aus dem städtischen Topf ausgleiche.

Jährliche Tariferhöhungen seien jedenfalls das falsche Signal im Hinblick auf den Klimaaufbruch. Aus Sicht der Grünen hätte es einen anderen Weg zu kostenfreiem Busfahren in der Innenstadt gegeben: Zumindest teilweise könnte man, so wie sie es in einem zweiten Antrag formulieren, die verringerten Einnahmen durch eine Erhöhung der Parkgebühren im Innenstadtbereich kompensieren. Beide Anträge wurden aber schließlich mehrheitlich abgelehnt.

"Rosinenpicken nicht möglich"

"Das ist ein Schaufensterantrag", sagte SPD-Stadtrat Andreas Richter in Richtung der Grünen. Auf den Einwand von Linken-Stadtrat Pöhlmann hin, dass der "Warenkorb der Rentnerin" langsamer wachse als die Fahrpreise, verwies Richter auf das Sozialticket. "Wir schaffen mit dem kostenlosen Innenstadtbereich eine tolle Sache", so sein Fazit, es sei nun mal ein Gesamtpaket, Rosinenpicken sei nicht möglich.

Das fand am Ende auch die Mehrheit der Stadträte. Die Stadt muss nun einen entsprechenden Antrag beim VGN stellen, außerdem kommt die Angelegenheit am 29. April zum Beschluss in die Sitzung des Gesamtstadtrates. Fridays for Future hat bereits zu einer Kundgebung vor der Ladeshalle aufgerufen.

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