Heimliche Blicke und eine Fata Morgana in Heroldsberg

12.5.2019, 17:31 Uhr
Heimliche Blicke und eine Fata Morgana in Heroldsberg

Gleich im ersten Raum treffen zwei ganz Große aufeinander: Dürers Holzschnitt "Männerbad" (1497) prangt direkt neben einem Filmbild aus Loriots Sketch "Herren im Bad". Hier friedliches Idyll mit Musik, Bier und homoerotischen Untertönen, dort die direkte Konfrontation zweier entblößter Bürger (inklusive Ente).

Das Bilderpaar umreißt die Schwerpunkte der Ausstellung: Ent- und Verhüllung, Scham und Schamlosigkeit, Zurschaustellung und heimliche Blicke, Privatsphäre und Öffentlichkeit. Warum hat sich Loriots Sketch derart tief ins Allgemeinbewusstsein eingegraben? Vielleicht, weil er mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Vor allem diese: was machen denn ZWEI Herren in EINER Wanne?

Heimliche Blicke und eine Fata Morgana in Heroldsberg

Natürlich, die ganz großen Badebilder der Kunstgeschichte rücken die Musentempel nicht heraus. So begnügt sich das Weiße Schloss mit einigen Leihgaben aus Nürnberg und der eigenen Provenienz. Etwa Skizzenbücher und Ölgemälde des Malers Fritz Griebel, der im Heroldsberger Freibad Figurenstudien betrieb. Auch Eitel Klein wirft 1965 einen eher untypischen, da vertikalen Blick aufs Heroldsberger Bad, eine Fata Morgana in Türkis. Der Barock ist mit einem Kupferstich-Faksimile vertreten, einer drallen "Susanna im Bade" von Annibale Carracci.

Der Anblick weiblicher Reize erhöht sich noch durch den Ruch des Verbotenen. Dem trägt die Ausstellung Rechnung mit einem Aktbild von Paul Chabas aus der Spätzeit der Salonmalerei. Drei Badenixen, denen das klare Wasser gerade bis zum entzückenden Popöchen reicht, ertappen den Maler/Betrachter beim Gaffen. Während die eine Dame ihre Reize erschrocken verhüllt, blickt eine andere Frau den Betrachter über die Schulter herausfordernd an. Den Voyeurismus auf die Spitze treibt eine Präsentation zweier Miniaturen: den Anblick von Diana und Aktaion bzw. das Brustbild einer Badefee erblickt der Besucher nur durch den Blick durchs Schlüsselloch.

Das dritte Gelass entwirft (unterlegt mit dem Schlager "Pack die Badehose ein") eine kleine Kulturgeschichte des Badens. Während im Mittelalter Männlein und Weiblein im Zuber gemeinsam speisten und einander ergötzten, galt im Barock das Wasser als gefährlich, pflegte man sich mit Puder und Parfüm. Damenbademoden der 1920er und 50er Jahre reizen ebenso zum Lachen wie zahlreiche Schnappschüsse aus der Sommerfrische der Großeltern. Und während einst Grace Kelly und Ursula Andress (im ersten James Bond-Film) Bademoden prägten, stellt heutzutage jedes Mädchen mit Geltungsdrang seine Morgentoilette ins Internet. Und zwar gleich doppelt: sich direkt und als Reflexion im

Badezimmerspiegel.

InfoBis 29. September im Weißen Schloss in Heroldsberg, Kirchenweg 4 (geöffnet: Mi. 10-13 u. Fr.-So. 15-18 Uhr.

www.weisses-schloss-heroldsberg.de

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