Hoffnung auf den Sieg der Demokratie

28.2.2012, 08:30 Uhr
Hoffnung auf den Sieg der Demokratie

© Hans von Draminski

Das Gaddafi-Regime stand schon dicht vor seinem Ende, als der 32-jährige Sozialkunde-Lehrer Hassan Buhalimi in seiner Heimatstadt Beira, 200 Kilometer von Bengasi entfernt, an einer Demonstration gegen den verhassten Oberst teilnahm und von Schüssen aus einer russischen Kalaschnikow schwer verwundet wurde.

Buhalima absolvierte eine „Odyssee“ durch diverse Krankenhäuser unter anderem in Griechenland, ehe Ärzte der von Deutschland aus operierenden, privat finanzierten Hilfsorganisation „Almeda“ ihn in Tunis (Tunesien) trafen und seine Verlegung nach Deutschland organisierten. In der Chirurgischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen baute man Hassan Buhalimas Unterschenkel neu auf. Nun lernt der Libyer das Gehen neu.

„Nur in Deutschland verfügt man über das medizinische Know-how, um derartige Verletzungen zu kurieren“, weiß der libysche Arzt Emad Abosrewel (39), der unter anderem ein Nothospital in der tunesischen Wüste leitete und Mitglied jenes Ärzte-Scoutteams war, das auch Buhalima fand.

Der kurdischstämmige syrische Übersetzer Mohamad Bakr, der bei der Unterhaltung mit Hassan Buhalima als Dolmetscher fungiert, hofft darauf, dass auch in Syrien der „Arabische Frühling“ Wirklichkeit wird und das „Assad-System“, wie er es nennt, „fortspült“. „Ich glaube nicht, dass Assad sich noch lange halten kann“, sagt Bakr, der seit 15 Jahren in Deutschland lebt und in Bonn studiert hat. Russland stützt aus Bakrs Sicht die noch amtierende Regierung Assad nur, „weil ein demokratisches Syrien vielleicht keine Waffen mehr bei den Russen kauft“.

Hassan Buhalima gibt sich vorsichtig optimistisch, was die Demokratisierung Libyens angeht: „Wir brauchen Zeit, um das Land wieder in Ordnung zu bringen. Den wichtigsten Schritt haben wir getan — der Diktator ist weg“, meint Buhalima. Neben Demokratie und Freiheit müsse es auch Gerechtigkeit geben. Jene, die Ghaddafi unterstützten, müssten bestraft werden — „aber nach Recht und Gesetz“. „15 bis 20 Jahre wird es schon dauern, bis wir einen modernen demokratischen Staat haben“, fügt Emad Abosrewel hinzu.

Im Krankenhaus hat Buhalima, der in diesen Tagen zur Physiotherapie in die Fachklinik Herzogenaurach verlegt werden soll, seinen Laptop am Bett und hält via E-Mail und Twitter Kontakt mit der Heimat. Ohne die neuen Medien sei die arabische Revolution „kaum möglich gewesen“, stellt er fest.

Dennoch sei der Demokratisierungsprozess eine mühsame Angelegenheit. „Wir kannten Wahlen nur aus dem Fernsehen“, erklärt Emad Abosrewel, der in Libyen aufgrund mangelnder „Linientreue“ nicht studieren durfte, und Hassan Buhalima fügt hinzu: „Der Diktator war 42 Jahre an der Macht. Meine Generation hatte also praktisch keine Gelegenheit, Demokratie kennenzulernen.“

Für Buhalima steht es außer Frage, dass er nach Abschluss seiner Behandlung nach Libyen zurückkehrt. Zwar seien die Menschen in Deutschland „sehr nett und freundlich“ zu ihm und er sei auch dank der Hilfsorganisation „ausgezeichnet versorgt“ worden.

Dennoch zieht es ihn nach Hause zu seiner Familie und seinen Freunden. „Ich werde aber die Erfahrungen aus Deutschland mitnehmen und daheim weitergeben“, kündigt er an. Ein Mann, der sich sichtlich auf die Aufgabe freut, die vor ihm und seinen Landsleuten liegt.

Eine in Deutschland lebende syrische Wissenschaftlerin, die ihren Namen zu ihrer eigenen Sicherheit nicht gedruckt sehen möchte, warnt im Falle Syriens vor vorschneller Schwarz-Weiß-Malerei: Die Verhältnisse seien erheblich komplizierter und vielschichtiger, als sie sich in den westlichen Medien darstellen würden.

Glaube an friedliche Reformen

Die Frau, die noch bis vor kurzem regelmäßig ihr Heimatland besuchte, glaubt nach wie vor an die Kraft friedlicher Reformen. In den elf Monaten, seitdem auch in Syrien gegen das herrschende Regime rebelliert werde, seien immerhin sechs neue Parteien zugelassen worden, was für den Willen der Assad-Regierung spreche, in gewissen Grenzen einen Wandel einzuleiten. Zudem hätten sowohl die Muslim-Bruderschaft als auch die Golfstaaten und sogar die westliche Staatengemeinschaft ein massives Interesse daran, in Syrien einen Systemwechsel herbeizuführen, der ähnlich wie in Libyen zu einer Islamisierung des Landes führen könnte.

Darüber hinaus habe die arabische Revolution in Ländern wie Ägypten dazu geführt, dass die Terrororganisation Al Khaida dort Fuß fassen konnte und aus Sicht der syrischen Wissenschaftlerin inzwischen sogar Schlüsselpositionen einnimmt. Die Frau erinnert daran, dass auch Terrorchef Osama bin Laden aus den Golfstaaten stammte. Über kurz oder lang werde die Revolution auch Länder wie Qatar oder Saudi-Arabien erfassen.

Nicht zuletzt die Rolle der im Ausland lebenden und agierenden syrischen Oppositionellen sei zu hinterfragen. Zudem stammten jene Freiheitskämpfer, die sich beispielsweise in Homs verschanzt haben, „zum großen Teil nicht einmal aus Syrien.“ Erst kürzlich seien über 40 türkische Offiziere verhaftet worden — für die Wissenschaftlerin ein Indiz dafür, dass die Türkei sich in Stellung bringt, um in einem Syrien nach Assad ihre Interessen durchzusetzen und an der türkischen Vormachtstellung in der islamischen Welt zu arbeiten.

Das syrische Volk stehe „nach wie vor mehrheitlich hinter der jetzigen Regierung“, was die bevorstehenden Wahlen in dem Land bald bestätigen würden. Die Syrerin glaubt fest an die „Selbstheilungskräfte“ ihrer Heimat: „Wenn es die Überzeugung gibt, dass Assad weg muss, dann wird er abgewählt, das steht für mich vollkommen außer Frage.“

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