Hohe Mieten in Erlangen: Reisezentrum Dr. Krugmann ist zu

14.10.2020, 05:58 Uhr
Hohe Mieten in Erlangen: Reisezentrum Dr. Krugmann ist zu

© Marcel Staudt

Für seine Beweisführung blickt Christian Riedl aus dem Fenster. "Sehen Sie Leute mit Einkaufstaschen?", fragt der Geschäftsführer des Reisezentrums Dr. Krugmann. Nein, in der Fußgängerzone sind am Dienstagmittag gegen 12 Uhr durch das Schaufenster des Geschäfts an der Hauptstraße 21 keine Leute mit Einkaufstaschen zu sehen. Das ist laut Riedl nicht nur zu dieser Uhrzeit und an diesem Tag der Fall. "Erlangen ist zwar die Stadt mit der drittstärksten Kaufkraft in Bayern, aber die Bürger geben ihr Geld nicht in der Innenstadt aus."

Vor vier Jahren hatte das Unternehmen noch die Hoffnung, dass dem nicht so ist. Das Reisezentrum Dr. Krugmann gibt es seit 1968 in Erlangen, vielleicht ist es das älteste freie Reisebüro dieser Stadt. Über Jahrzehnte war es in der Goethestraße ansässig. 2016 zog es an die Hauptstraße. "Wir haben einen 2a oder 1b Standort verlassen, um in die Fußgängerzone zu kommen", sagt Riedl, "wir haben unseren neuen Standort in der Mitte der Fußgängerzone gewählt, jetzt befinden wir uns durch die vielen Geschäftsaufgaben am Ende." Die Hoffnung auf rege Laufkundschaft zerschlug sich.

Corona als Brandbeschleuniger

Durch Corona und die damit verbundenen Reisebeschränkungen wurde die Situation noch schlimmer. Im Zeitraum von zwei Wochen habe es genau sechs Personen gegeben, die für eine Beratung ins Reisezentrum gekommen seien. Das einzige Reiseziel, das Riedl und seine Kollegen ihnen mittlerweile anbieten wollen: Griechenland. "Nur bei einer Reise dorthin kann ich den Kunden versichern, dass sie nach ihrer Rückkehr keinen Coronatest machen und nicht in Quarantäne müssen."

Die Beratung erfolgt für die Erlanger bereits seit Ende August aus dem Homeoffice. Der zweite Standort des Unternehmens, in Wendelstein, hat noch offen. Der Mietvertrag für das Geschäft in der Erlanger Fußgängerzone sei im August gekündigt worden, er laufe aber noch bis August 2021, also ein volles Jahr. "Wir haben versucht, mit dem Vermieter über eine Mietsenkung zu sprechen", sagt Riedl, "mehr als eine telefonische Willensbekundung des Vermieters ist aber nicht erfolgt."

Gesundheit vor Einnahmen

Laut dem Geschäftsführer gebe es momentan "so gut wie keine Neubuchungen". Das tut natürlich nicht nur seinem Reisezentrum, sondern der ganzen Branche weh. Riedl hat aber Verständnis für die Reisebeschränkungen, auch, falls sie sich nach einer heutigen Besprechung im Kanzleramt noch einmal verschärfen könnten. "Lieber haben wir finanzielle Einbußen als die Gesundheit unserer Kunden zu riskieren."

Wenn die Aussichten für die Reisebranche trotz oder nach Corona wieder besser sind, möchte das Reisezentrum nach Erlangen zurückkehren. Allerdings nicht mehr in der Innenstadt, sondern dort, wo die Mietpreise deutlich geringer sind: "Wir wollen definitiv in Erlangen bleiben. Vielleicht zieht es uns irgendwo in die Peripherie, zu einem Nahversorgungszentrum beispielsweise. Wir wissen es noch nicht genau."

Krise als Chance

Riedl glaubt, dass wieder bessere Zeiten auf die Reisebüros zukommen werden. In der Coronazeit liege auch eine Chance: "Jetzt machen die Leute viele negative Erfahrungen, wenn sie im Internet alles selbst gebucht haben und die Reise rückabgewickelt werden muss. Das Thema persönliche Beratung wird wichtiger werden. Wer als Geschäft überlebt, wird einen höheren Zulauf haben."

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