Hörbar von den Musen inspiriert

7.5.2018, 18:57 Uhr

Apollo ist der Führer der Musen in der griechischen Mythologie. Das polnische Streichquartett "Apollon Musagète" — das bereits mehrfach in Erlangen gastiert hat — erinnert im Namen daran. Vor allem aber ist diese hervorragende Formation hörbar, spürbar von den Musen inspiriert. Der hohe Anspruch ist auch diesmal im GVE-Konzert in der gut besuchten Matthäus-Kirche auf vielfältige Art erfüllt. Das Resultat dieses anregenden Quartettabends auf höchstem künstlerischen Niveau: Bravo-Rufe und begeisterter Applaus sowie eine reizvolle, wieder entdeckte Tango-Zugabe des Argentiniers Osvaldo Fresedo.

Verhalten, wie aus der Ferne, tönt zu Beginn Puccinis floral verweisende Trauermusik der "Crisantemi", verströmt im weichen, süßen, nie süßlichen Klangbild unendliche Trauer im Melos der vier gleichberechtigten Stimmen. Alles ist hier hörbar, nichts dominant. Die vier Instrumente klingen wie eines. Edel.

Die beiden Geiger Pawel Zalejski und Bartosz Zachlod sowie Bratscher Piotr Szumiet spielen stehend im Halbrund des Altarbereichs der Kirche. Cellist Piotr Skweres sitzt zwischen Violine und Viola, erhöht auf einem Podest. Der Bass ist so in frontaler Position der Schalllöcher zum Publikum positioniert und damit gut hörbar. Klug gedacht ist diese klanggünstige, individuelle Aufstellung!

Bei Mozarts bekanntem "Dissonanzen-Quartett" setzen die vier wettbewerbsdekorierten Streicher im Eingangs-Adagio auf fahle, nüchterne Reibung. Mozart klingt damit extrem modern. Im anschließenden Allegro-Teil löst sich dieser Eindruck in delikate Spielfreude auf: Mozart braucht hier die Übertreibung nicht, klassische Deutlichkeit genügt zum Hochgenuss. Fast mystisch entspinnt sich das wunderschöne "Andante cantabile". Rhetorisch wieder klassisch beredt setzen sich die Menuett-Teile voneinander ab, spannend und forciert im Trio-Teil. Virtuosen Rondo-Charakter führt das Apollon Musagète Quartett im Finalsatz vor. Dieses "Allegro molto" prickelt mit Verve in munter akzentuierenden Phrasen dahin, bleibt stets akkurat in den Wendungen derselben.

Transzendenz und Fulminanz

Wie ein Streichorchester klingt das Spiel der vier Streicher in Edvard Griegs "neuerotischem" g-Moll-Quartett, op. 27. Die Intensität und Klangfülle des ersten Satzes sind verblüffend, führen in ungeahnte Sphären von Transzendenz und Fulminanz gleichermaßen. Zwischen Romanze und nordischem Tanz wechselt der zweite Satz, deren Divergenz das Quartett genüsslich zelebriert. Das "Intermezzo" wartet abermals mit orchestraler Fülle in seinen Scherzo-Teilen auf. Das wechselt extrem zwischen herrlicher Üppigkeit, Rustikalität und charmantem Esprit. Ruppig, brachial, banal wird es nie, dazu ist diese renommierte Quartettformation zu professionell, zu differenziert, zu geistreich.

Das gilt auch für das Final-Saltarello, das wie ein nordischer Spuk durch die Blitzlichter von Modulationen geistert. Die klangliche Palette ist auch hier beeindruckend, die selbstverständliche klangliche Übereinstimmung und Abstimmung der apollinischen Streicher phänomenal in ihrer natürlichen Präzision: Die Musen haben Apollo in dieser Quartett-Formation an diesem kammermusikalischen Sternstundenabend wieder anhaltend und inspiriert geküsst.

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