Hupfla-Kopfbau in Erlangen als Weltkulturerbe?

28.3.2019, 11:00 Uhr
Hupfla-Kopfbau in Erlangen als Weltkulturerbe?

© DENA-Bild

Nürnberg erlebte in den Jahren 1946/47 den Ärzteprozess, verhandelt wurden die Medizinverbrechen des Nationalsozialismus. Die Nachbarstadt Erlangen hat mit der Heil- und Pflegeanstalt einen Ort, von dem aus über 900 Menschen in Tötungsanstalten abtransportiert wurden, wahrscheinlich noch mehr kamen in der "Hupfla" später durch Hungerkost zu Tode.

Erlangen als Stadt der Wissenschaft und Medizin könnte Nürnberg, die Stadt der Menschenrechte, stärken bei der Bewerbung um das UNESCO-Weltkulturerbe, regt Prof. Andreas Frewer an. Das bayerische Justizministerium bemüht sich weiterhin um eine Nominierung des Nürnberger Justizgebäudes mit seinem Schwurgerichtssaal 600 — der allerdings nicht mehr im Original erhalten ist — und dem Museum Memorium Nürnberger Prozesse. In Erlangen, so meint Prof. Frewer, hat man mit einer Gedenkstätte beim "Hupfla-Kopfbau" — der ehemaligen psychiatrischen Universitätsklinik — , die Möglichkeit, daran anzuknüpfen.

Hier gibt es alles zum Thema: Hupfla: Gedenkstätte in Erlangen

Seine Idee: Eine Rekonstruktion des Schwurgerichtssaals 600 im Original, untergebracht zum Beispiel in einem transparenten Glasgebäude, das als Verbindungsstück zwischen "Hupfla" und dem künftigen Max-Planck-Zentrum errichtet wird. Ein Übergang von der alten Klinik hin zum neuen Zentrum.

"Eine Metamorphose, die eine Auflösung des Gebäudes symbolisch darstellt, und damit auch die Auflösung der Werte und Normen, die damit einhergehen." Man breche damit auch mit der "Täter"-Geschichte und könne die "schiefe Ebene" der "Euthanasie"-Debatte zeigen.

Ein Konsens-Modell könnte dies sein, meint Prof. Frewer, der dabei von der gegenwärtigen Beschlusslage (aus der Stadtratssitzung im Januar 2019) ausgeht, derzufolge die Hälfte des Gebäudes abgerissen wird. Die Debatte der letzten Monate um die "Hupfla" hat Frewer genau verfolgt. "Die ,Hupfla‘ ist ein kostbarer Schatz, den wir in Erlangen haben", sagt er.

Während in Nürnberg im Schwurgerichtssaal die Täter verurteilt wurden, sei Erlangen der korrespondierende Ort, wo Verbrechen begangen wurden. Beim Museum Memorium wird ein enormer Andrang verzeichnet, "das legt nahe, dass ein solcher Saal auch hier in Erlangen stark frequentiert sein würde", sagt Frewer.

Die Gefahr, dass man sich dabei gegenseitig etwas wegnehmen könnte, sieht er nicht – im Gegenteil, man werde voneinander profitieren. Wer den Saal in Nürnberg sehe, werde den Nachbau des Originals mit der Zuschauertribüne – Symbol der Öffentlichkeit – in Erlangen ebenfalls sehen wollen.

Saal 600 in Erlangen nachbauen

Auch ist in Nürnberg immer wieder sehr intensiv überlegt worden, den Saal 600 mit einem Betrag in Millionenhöhe umzubauen, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Statt ihn dafür über lange Zeit zu schließen, wäre es logischer, ihn in Erlangen nachzubauen und die historische Form in eine neue Hülle zu gießen. Zugleich würde dies ein Vortrags- und Informationszentrum, das auch vom Max-Planck-Zentrum gut genutzt werden könnte.

Ein Erlanger Weltzentrum der Medizin, das sich in adäquater Form der Verantwortung für eine Erinnerungskultur stellt: "Das Max-Planck-Zentrum wird ein Leuchtturm für die Forschungslandschaft, die Medizinische Fakultät geht da einen hervorragenden Weg", sagt Frewer. "Doch auch diese modernste Medizin wird sich immer wieder reflektierend fragen müssen, was die Grenzen der Forschung sind."

Die Vergangenheit wird der Metropolregion immer bleiben", so Frewer. Es gelte, dem nicht auszuweichen, sondern dies positiv zu wenden. "Unsere Generation hat keine Schuld, aber eine besondere Verantwortung für die Erinnerungs- und Diskussionskultur. Ein ‚Ort der Stille‘ und ein Informationszentrum in der Alten Nervenklinik, verbunden mit einem Saal, in dem Diskussionen um Geschichte und Ethik, Vergangenheit und Zukunft der Medizin geführt werden, wären eine würdige Umsetzung, die alle bisherigen Überlegungen zusammenführen könnte."

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