In Erlangen ist Bauland ein Luxusgut

19.9.2020, 15:00 Uhr
In Erlangen ist Bauland ein Luxusgut

© Klaus-Dieter Schreiter

So stiegen in Nürnberg die durchschnittlichen Bodenpreise im individuellen Wohnungsbau von 2011 auf 2019 um das Doppelte – von 350 auf 701 Euro pro Quadratmeter. Ähnlich sieht es in Augsburg aus. 2011 kostete dort der Quadratmeter noch 320 Euro, 2019 schlugen 701 Euro zu Buche. In Erlangen kostete der Quadratmeter vor neun Jahren im Schnitt noch 340 Euro. 2019 waren es schon 560 Euro. In der Nachbarstadt Fürth ist der Sprung sogar noch heftiger – von 250 Euro in 2011, auf 615 Euro in 2019.

Der Haus- und Grundstücksbesitzerverein Erlangen bestätigt diese Entwicklung und sieht sie mit Sorge. "Nicht nur in Erlangen, sondern praktisch in allen Ballungsgebieten ist eine ungebremste Steigerung der Baulandpreise zu verzeichnen. Das liegt daran, dass andere Geldanlageformen derzeit keinen Ertrag bringen und der Run in das ,Betongold‘ die einzige stabile Geldanlageform ist, die auch seriös ist."

Das Problem ist bei der Stadt, die seit Jahren mehr Wohnraum schaffen will, altbekannt. Doch statt gelöst zu werden, hat sich die Situation eher noch verschärft. 2019 wurden laut Baustatistik in Bayerns kreisfreien Städten durchschnittlich 19,9 Prozent weniger Wohnungen fertig gestellt als im Vorjahr. In Erlangen wurden im gleichen Zeitraum sogar mehr als 40 (!) Prozent weniger Wohnungen gebaut. Der überwiegende Teil davon waren Ein- bis Zweifamilienhäuser (72,1 Prozent). 2018 betrug der Anteil nur 53 Prozent.

"Wohnen wird damit zum Luxus", stellt Ulrike Männlein vom Haus- und Grundstücksverein in Erlangen fest. "Auf Dauer kann das aber nicht so weitergehen." Corona habe die Situation zusätzlich verschärft. Vor allem im Bereich der gewerblichen Vermietungen. Die Folge: "Läden gehen kaputt. Damit werden sich hohe Renditen bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien nicht mehr erzielen lassen. Schon jetzt geraten die Preise unter Druck. Selbst Büroräume werden nicht mehr nachgefragt, weil viele Firmen auf ,Homeoffice‘ ausweichen."

Die Bodenpreise sind dabei nur eine Annäherung an die Wirklichkeit: Handelt es sich doch um Durchschnittswerte für unbebaute Grundstücke in mittleren Lagen. Entsprechend können die tatsächlichen Preise abweichen. Zudem sind unbebaute Grundstücke in Städten meist Mangelware. Bevor etwas neu gebaut wird, muss vorher zumeist erst die Abrissbirne tätig werden.

Dass sich angesichts anhaltender Niedrigzinsen immer mehr Menschen für Immobilien als Anlage interessieren, ist natürlich auch bei der Stadt längst angekommen. "Grund und Boden sind nicht mehr unbedingt dafür da, um zum Beispiel Wohnungsbau zu entwickeln, sondern weil man auf spekulativ steigende Preise setzt", weiß Erlangens Planungsreferent Josef Weber. "Mit Grund und Boden lässt sich im Moment einfach mehr Rendite erzielen als am Kapitalmarkt." Das will die Stadt "aber gerne unterbrechen, weil normalerweise Grund- und Boden zur Daseinsvorsorge der Bevölkerung da ist", so Weber weiter.

Bleibt die Frage: Was tun, nachdem private Investoren im Zweifel den größeren Geldbeutel haben? Zumindest etwas helfen könnte eine Baulandsteuer Grundsteuer C, die 1960 eingeführt wurde, um Bodenspekulation zu verhindern und Baulücken zu schließen. Diese wurde allerdings bereits vier Jahre später auf Antrag der FDP-Bundestagsfraktion wieder abgeschafft. Seither wird immer wieder eine Neueinführung diskutiert. Einen konkreten Gesetzesentwurf gibt es nicht.

Kommunale Spitzenverbände fordern außerdem, das Vorkaufsrecht von Gemeinden zu stärken, damit sie leichter an Grund und Boden kommen. Das sieht auch Erlangens Planungsreferent Josef Weber so: "Eine Möglichkeit ist eine Vorkaufsrechtsatzung ohne große Begründung der Kommunen." So könne auch Spekulativverkäufen Einhalt geboten werden. Das derzeitige kommunale Vorkaufsrecht der Kommunen greife da deutlich zu kurz, so Weber weiter.

Viele Grundstückseigentümer, weiß Weber, halten potenzielles Bauland aus den unterschiedlichsten Gründen zurück. Nicht immer aus Spekulationsgründungen, sondern für die eigene Familie. Wie auch immer, diese Grundstücke sind am Markt nicht verfügbar. Mit einem Projektentwicklungsteam, das beim Planungsamt angesiedelt ist, will man solche Flächen auf den Markt bringen. Die Erfolge, muss Josef Weber allerdings einräumen, sind überschaubar.

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