Kanalsystem nicht schuld an den überfluteten Kellern in Baiersdorf

23.10.2018, 15:00 Uhr
Kanalsystem nicht schuld an den überfluteten Kellern in Baiersdorf

© Röttele

Schon vor einer Weile reklamierten deshalb die Betroffenen mögliche Mängel im Kanalnetz. Denn durch die Königsberger Straße führt der Hauptsammler zur Kläranlage. In drei Überleitungen aus der Industriestraße werden dort auch die Kanäle aus Poxdorf und als Kette die von Langensendelbach, Igelsdorf und dem Stadtteil Hut samt der Altstadt zusammengeführt.

In der Informationsveranstaltung erläuterte René Hempel vom Ingenieurbüro ITHW die Struktur des Kanalnetzes und die gesetzlichen Vorgaben für Abwassereinrichtungen. Das Büro führte 2008 nach der Flutkatastrophe von 2007 die hydraulische Überrechnung der gesamten Anlage durch.

Hempels Ausführungen mögen für die Betroffenen schmerzlich sein, aber die deutschen und europäischen Anforderungen an Siedlungsentwässerungen sehen nur einen Schutz von Starkregen bis zur Stufe drei des Indexes vor, technisch und auch durch die zeitliche Wiederkehrwahrscheinlichkeit bedingt. Eingerechnet und damit zulässig sind hier der Überstau; das bedeutet, dass das Netz bis Oberkante Straßenbelag gefüllt sein darf. Dabei ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass Wasser in Hausanschlüsse zurückdrückt. Dagegen muss sich nach der örtlichen Entwässerungssatzung der Hauseigentümer selber schützen.

Starkregen nicht inbegriffen

Die nächste Stufe ist die Überflutung. Hier ist das Netz so angefüllt, dass Wasser aus den Einlaufschächten auf die Straße drückt. Beides trat heuer im Bereich der Königsberger Straße auf und brachte bei einigen Anwesen mit sich, dass zwar die Rückstauklappen hielten, aber dennoch Wasser in die Keller zum Teil durch die Wand eindrang. "Auf außergewöhnliche Starkregen (ab Indexstufe 4) ist ein Kanalnetz aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht ausbaubar", zerstörte Hempel manche Illusion.

Die wesentliche Forderung der Betroffenen, die zum Teil sehr unwirsch auf die langen, theoretischen Erläuterungen reagierten, läuft auf eine Vergrößerung des Kanaldurchmessers hinaus. Sie waren mehrheitlich davon überzeugt, dass die Wasserzuführungen von weiter her samt Neubaugebieten und größerer Versiegelung zu den Rückstau-Phänomenen geführt hätten.

Dem widersprachen der Fachingenieur und auch Bürgermeister Andreas Galster (CSU): An den jeweiligen Ortsausgängen befinden sich Abschlagbauwerke. Wenn die dort ankommenden Wassermengen gewisse Werte überschreiten, öffnen sie sich und das Wasser wird in Bäche übergeleitet. Die Mengen, die zum Hauptsammler führen sind immer durch die Rohrgrößen begrenzt. Und diese liegen bei 30 Zentimeter; der Hauptsammler beginnt bei 1,2 Metern und erweitert sich auf 1,6 Meter.

"Die Welt ist nicht einfach, auch nicht das Kanalnetz . . . und die Frage: Zahlen Sie?", konterte Galster die Theorien über zu hohe Zuflussmengen. Ebenso den Vorwurf, an der Kläranlage sei eine Überlaufschleuse nicht geöffnet worden. Eine solche gibt es nicht. Das Staubecken vor der heutigen Kläranlage, das alte Klärbecken, würde einfach überlaufen, wenn es bis zum Rand gefüllt ist. "Aber weder dieses noch der davor liegende Stauraumkanal waren so weit gefüllt", berichtete Galster von den Feststellungen der Kläranlagenmitarbeiter. Er wehrte sich vehement gegen eine "Legendenbildung", was die Ursachen gewesen seien.

Die Schadensereignisse, so Hempels Karten aus der Radarregenüberwachung, wurden durch extrem punktuelle und ganz kurzzeitige riesige Wassermassen vom Himmel ausgelöst. Im Mai war es ein Areal von zirka einem Quadratkilometer zwischen Hut, Poxdorf und den östlichen Straßen von Wellerstadt, auf das binnen einer Viertelstunde über 200 Liter Wasser pro Sekunde und Hektar niedergingen.

Die statistische Wahrscheinlichkeit dafür ist in den Wetteraufzeichnungen, die es seit gut 100 Jahren gibt, einmal im Jahrhundert. Dass solche Fluten Teile von Baiersdorf drei Mal in elf Jahren trafen, dürfte eine Kombination aus Ortslage und Klimawandel sein. "Der Klimawandel findet statt; das müssen wir zur Kenntnis nehmen, gerade den Wechsel von Regenfluten und Dürreperioden wie in diesem Jahr", folgerte Galster.

Er sieht die Ursachen im veränderten Wetterverhalten und nicht in Bauten, die nach Errichtung des Hauptsammlers hinzukamen, denn eine gewisse Siedlungsentwicklung sei in die damaligen Baugrößenberechnungen eingeflossen. Durchaus könnten weitere Kanäle gebaut werden, die über die von Fachleuten errechneten Dimensionen hinausgingen; die Kosten müssten aber direkt auf die Hauseigentümer umgelegt werden wie bei allen Verbesserungen der Abwassereinrichtungen.

6 Kommentare