Kita-Eltern in Erlangen: "Wir wollen uns bedanken"

29.11.2020, 15:30 Uhr
Kita-Eltern in Erlangen:

© Harald Sippel

Es ist ein großes Kompliment – wirkungsvoll platziert. Das Plakat mit großen bunten Buchstaben hängt seit letztem Sonntag neben der Eingangstür zu einer Kindertagesstätte in der Komotauer Straße. Die Aufschrift: "In diesem Haus arbeiten tolle Menschen für unsere Kinder".

Gemalt haben es Anna Schmidt und ihr fünfjähriger Sohn. Eigentlich heißt Anna Schmidt ganz anders, aber ihren wirklichen Namen will sie nicht in der Zeitung lesen. Es gehe ja nicht um sie, sagt sie, sondern um die Personen drinnen in der Einrichtung. "Ich wollte mich bedanken", fügt sie hinzu. Schließlich habe sie jeden Grund dazu. "Die Menschen, die das wenigste Geld in unserer Gesellschaft verdienen, sind diejenigen, die unsere Kinder betreuen, die in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen arbeiten, und die uns unser Essen verkaufen", sagt sie. "Wir fordern von den Menschen, die wenig Geld bekommen, große Taten."

"Sie halten uns den Rücken frei"

Denn genau das sei es, was in der schwierigen Zeit der Pandemie geleistet wird. "Zum Aufruf von Bundeskanzlerin Merkel, dass wir solidarisch sein sollen, gehört dazu, danke zu sagen, sich selbst mal zurück und nicht so wichtig zu nehmen." Sie ist sich bewusst: "Uns tragen die Menschen in diesen Einrichtungen durch den Alltag. Sie halten uns allen den Rücken frei". Sich selbst würde sie als privilegiert einstufen – angestellt in einer großen Firma, mit sicherem Job in einem positiven Arbeitsumfeld. Manche Firmen, so sagt sie, zahlen ihren Mitarbeitern sogar Prämien für das gute Durchkommen durch die Pandemie.

Doch wie ist im Vergleich die momentane Situation für die Erzieherinnen, die sich jeden Tag liebevoll um die Kinder anderer kümmern? "Bereits vor Corona war die Personalsituation in vielen Einrichtungen angespannt", sagt Anna Schmidt. Die Bezahlung sei oft schlecht.

Hinzu komme jetzt die hohe psychische Belastung und Sorge um die eigene Gesundheit. Doch damit nicht genug. Zusätzlich gelte es, die Emotionen der Kinder und der Eltern abzupuffern. Außerdem muss immer wieder aufs Neue sehr kurzfristig auf die jeweiligen, staatlich vorgegebenen Vorschriften eingegangen werden. Die zweifache Mutter kann sich hineinfühlen in die Menschen, die ihre Kinder unter ihren Fittichen haben. Und sie kann sich vorstellen, was auf ihnen lastet.

Apropos Arbeitsbelastung: Der erhöhte Hygieneaufwand, der Corona-bedingt nun gefordert ist, sei immens – das müsste jedem klar sein, sagt Anna Schmidt. Es bedeutet, dass das eigentliche Tagesgeschäft, nämlich die Kinderbetreuung und die Pädagogik, eigentlich auf der Strecke bleiben müsste – wenn die Erzieherinnen nicht doch mit so viel persönlichem Engagement am Ende alles unter einen Hut kriegen würden.

"Es zahlt der Arbeitgeber"

"Es wird leicht vergessen, dass Erzieherinnen und auch Lehrerinnen keine Hygiene-Fachkräfte sind und keinerlei tiefergehende Fachausbildung in diesem Bereich bekommen haben", sagt Anna Schmidt. Auch hier werde wieder der Unterschied zu großen Firmen augenfällig: "Wenn wir eine Fortbildung brauchen, bekommen wir sie. Und es zahlt der Arbeitgeber."

Aber was sagt sie dazu, dass jetzt auch in Bayern die Weihnachtsferien bereits zwei Tage früher als zunächst vorgesehen – also nach dem 18. Dezember – anfangen? "Die große Mehrheit der Eltern schafft es, diese zwei Tage abzupuffern", ist sie überzeugt. Auch sie selbst ist betroffen. Ihre Tochter besucht die Loschgeschule. In der Klassengemeinschaft habe man, freut sich Anna Schmidt, jedenfalls eine Lösung gefunden: "Wir Eltern organisieren, dass wir gegenseitig die Kinder betreuen".

Notbetreuung angedacht

Sie gehe aber auch davon aus, dass die Eltern ohnehin nicht allein gelassen werden und im Hintergrund bereits geplant wird – von staatlicher Seite und von den Kommunen. Eine Notbetreuung an den Schulen habe Ministerpräsident Söder bereits angedacht. Den Aufschrei der Elternverbände nach der Bekanntgabe der verlängerten Ferien konstatiert sie gelassen. "Im Moment wird viel gemotzt und gejammert, statt sich zu sagen: Wie können wir es gemeinsam schaffen?".

Eines hat sie nach ihrer Plakat-Aktion, auch wenn sie persönlich aus dem Spiel bleiben will, dann doch gefreut. Als eine Erzieherin sagte: "Wir laufen jetzt mit einem Lächeln durch die Woche". Kein Zweifel: Die Idee bringt Schwung und Farbe und ein positives Lebensgefühl in momentan eher graue Tage.

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