Komplett den Überblick verlieren

7.6.2003, 00:00 Uhr
Komplett den Überblick verlieren

© Bernd Böhner

Kein Boden unter den Füßen und dann komplett den Überblick verlieren. Oben — unten, vorne — hinten, links und rechts verwischen, wenn das Tempo anzieht und der Flug beginnt. Bitte einsteigen in den großen Personenventilator — und erst anschließend zum Essen gehen. Es wäre sonst schade drum . . .

Am anderen Berg-Ende ertönt’s aus dem Lautsprecher: „Wir dreh’n den Teller schneller!“ Das ist und bleibt der Lieblingsspruch von Marita Gugel, wenn sie ihrer tanzenden und weit ausschwingenden Scheibe Gas gibt und die „Space Party“ wie ein unbekanntes Flugobjekt durch den Himmel kreuzt.

16 Meter hoch über der Bergebene wirbeln 40 Passagiere um den lila-gelb gestrichenen Mast und frönen lautstark der ungebremsten Lebensfreude — Bergfieber keimt auf. „Und noch besser wird die Fahrt“, verspricht die Chefin und gibt der johlenden Masse eine Zugabe. Mit der Folge, dass die Scheibe deutlich den 90-Grad-Winkel überschreitet und über die Vertikale kippt. Kribbeln im Bauch.

Im Sommer 1996 brachte eine holländische Firma den neuen Karusselltyp „Top Scan“ auf den Markt. Es ist ein so genanntes „Suspendend Karussell“, also ein Fahrgeschäft, bei dem die Beine der Passagiere frei in der Luft baumeln. Gleich das Premierengeschäft im französischen Grenoble trug den Namen „Space Roller“ — und war vom Fleck weg erfolgreich. Noch auf dem ersten Platz gingen für den Hersteller Folgeaufträge ein — auch aus Deutschland.

Einfach „thrilling“

Der Fahrtablauf ist nur schwer zu beschreiben — die Bezeichnung „Personenventilator“ wird der Sache ziemlich gerecht. Sicher ist, dass jeder Looping und jede Pirouette, jeder Sturzflug und jede Drehbewegung ein echter Magenkitzler ist. Die Fahrt ist einfach „thrilling“ und ersetzt locker die Fünfer-Looping-Achterbahn auf dem Berg.

Patrizia Kinzler: „Unsere Familie hat im vergangenen Jahrzehnt viele Attraktionen auf den Berg gebracht: Freifallturm, Looping-Schaukel, ,Revolution‘ sowie die ,Shake‘-, ,Magic-‘ und ,Sound Factory-Karussellanlagen‘. Der Berg lebt doch von Innovationen.“

Manfred Gugel, „Space-Party“- Kommandant, freut sich über die erstmalige Zulassung. Schon lange bewirbt er sich um die Berücksichtigung seines Geschäfts. „Hully Gully“ und „Santa Maria“ hießen seine Attraktionen — doch erst mit der „Space Party“ aus italienischer Produktion konnte er in Erlangen landen.

Sein Sohn besitzt dagegen schon einen längeren Gastspielvertrag. Mit dem chinesischen Spezialimbiss „Planet Hollywok“ ist er seit fünf Jahren dabei.

„Wir sind mit der „Space Party“ ein Familiengeschäft, das Gäste von acht bis achtzig Jahren befördert. Wenn man will, ist es nur eine Weiterentwicklung der klassischen Schiffschaukel“, merkt Manfred Gugel schelmisch grinsend an. Eine Weiterentwicklung — na ja.

Eine äußerst rasante auf jeden Fall. Die Bergkirchweih-Beauftragte der Stadt Birgit Korzenietz bringt es auch den Punkt: „Für mich ist die ,Space Party‘ mittelwild und der ,Space Roller‘ total wild — und beide verleihen Flügel.“ HELMUT BRESLER