Kreis Forchheim: Hebammen online ordern

9.6.2019, 08:00 Uhr
Kreis Forchheim: Hebammen online ordern

Wären Hebammen keine Menschen, sondern Dinge, sie müssten hier bei uns als Mangelware bezeichnet werden. Denn 16 Geburtshelferinnen, die aufgrund ihrer eigenen Familiensituation überwiegend in Teilzeit arbeiten, können unmöglich alle Frauen betreuen, die hier ihre Kinder zur Welt bringen. 2017 wurden 1082 Geburten gezählt. Jede fünfte Frau verlässt die Geburtsstation ohne anschließende Wochenbettbetreuung.

Um diesen Mangel besser koordinieren zu können, hat die beim Landratsamt angesiedelte "Gesundheitsregion Plus" in Gestalt von Bärbel Matiaske die erste Hälfte dieses Jahres nahezu ausschließlich damit verbracht, ein Online-Portal aufzubauen: www.hebammeforchheim.de. Die Initiative geht zurück auf ein Förderprogramm des bayerischen Gesundheitsministeriums. Es übernahm 90 Prozent der Kosten (25 000 Euro), den Rest zahlte der Landkreis.

Im Kreise zweier Handvoll Hebammen hat Bärbel Matiaske das Portal vorgestellt. Es soll helfen, die Anfragen der Schwangeren besser zu verteilen. Viel zu viel Zeit verbringt jede Geburtshelferin damit, Frauen abzusagen, weil sie keine Zeit mehr hat, meinte Petra Loher-Fischer, Leitende Hebamme am Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz. Wie das konkret aussieht, zeigte die freiberufliche Hebamme Yvonne Köstner mit diesem Satz: "Ich bin voll bis Mitte Januar."

Wunsch-Hebamme auswählen

Über das Portal kann die Schwangere angeben, welche Hilfestellung sie benötigt (Geburtsvorbereitung, Wochenbettbetreuung, Stillberatung, Rückbildung, Geburt und mehr). Sie sieht, wo die nächstgelegene Hebamme wohnt und kann aus einer Liste gegebenenfalls sogar ihre Wunsch-Hebamme auswählen.

Innerhalb von einer Woche, so Bärbel Matiaske, soll eine Antwort kommen. Alle Anfragen landen in einer Datenbank. Die Hebammen koordinieren dann unter sich, wer wen wann übernehmen kann — oder auch nicht. Matiaske: "Nach zehn oder elf Tagen ohne Vermittlungserfolg müssen wir dann eine Information herausschicken, verbunden mit Angaben über Geburtshilfemöglichkeiten in den angrenzenden Regionen."

Dort sieht die Situation viel besser aus: Im Landkreis Bamberg (1325 Geburten im Jahr 2017) arbeiten 35 Hebammen, in Bamberg-Stadt sind es 17 (812 Geburten), im Kreis Erlangen-Höchstadt 41 Hebammen (1270 Geburten), in der Stadt Erlangen 37 (1108 Geburten). Die Region Bamberg, so Matiaske, möchte mittelfristig an dem Forchheimer Portal teilnehmen. Derzeit können sich nur Frauen aus dem Landkreis Forchheim anmelden.

Das Portal ist mehrsprachig. Neben Deutsch, Englisch und Französisch sind Portugiesisch, Türkisch, Chinesisch, Arabisch und Thailändisch bereits aktiv. Geplant sind außerdem Farsi und Spanisch sowie — kein Witz — Fränkisch. Interessentinnen finden darüber hinaus viele Informationen rund ums Thema Geburt, auch über den Umfang der Kassenleistungen. Bärbel Matiaske wies ausdrücklich darauf hin, dass "Hebammenhilfe" eine Aufgabe des Landkreises ist. Er muss für eine ausreichende Versorgung mit Geburtshelferinnen sorgen. Tatsächlich gibt es aber zu wenige.

"Nicht unter diesen Bedingungen"

Derzeit ist die Hebammenausbildung zudem im Umbruch. Sie findet noch in speziellen Schulen statt, beispielsweise in Bamberg und Erlangen. Ab 2020 wird sie "akademisiert", also zum Hochschulstudium gemacht, während die bisherige Ausbildung noch zehn Jahre weiterläuft.

Der Beruf der Hebamme ist für viele, die ihn ausüben, zwar eine persönliche Berufung, doch die finanzielle Vergütung spiegelt die gesellschaftliche Wertschätzung der Hebammen nicht wider. Weswegen Yvonne Köstner sagte, sie könne jede junge Frau verstehen, die sagt, der Beruf würde sie reizen, aber nicht unter diesen Bedingungen.

Frage an Landrat Hermann Ulm (CSU), der zur Runde gehörte: Würden Sie dem Kreistag vorschlagen, Hebammen, die sich hier niederlassen wollen, als Anreiz einen Zuschuss zu zahlen? Antwort des dreifachen Vaters Ulm: "Warum nicht, wenn es hilft."

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