Krimi bringt das Böse nach Frauenaurach

21.10.2019, 11:00 Uhr
Krimi bringt das Böse nach Frauenaurach

© Berny Meyer

Dass der Regionalkrimi auch in Franken seine Blüten treibt, ist ja sattsam bekannt. Nun ist also als Tatort Frauenaurach dran. Ja, das Dörfchen kurz vor Erlangen und gleich hinterm Europakanal. Was ist so besonderes an Frauenaurach? Eigentlich nichts. Es ist wohl – abgesehen vom Umstand, dass dort der Krimidebütant Matthias Görtz wohnt – gerade seine Unscheinbarkeit, die es interessant macht. Denn das Böse zeigt sich gerade dann am beunruhigendsten, wenn es in ein idyllisches, von keinem Blutstropfen getrübtes Ambiente einbricht.

Nun ist der Mord, um den es in "Requiem an der Aurach" geht, bereits 1936 geschehen. Und der Romanheld Martin Thormann, der ihn aufzuklären trachtet, ist kein Kriminaler, wohl aber ein dem Milieu durchaus Zugeneigter. Nämlich Lektor und Autor von Regionalkrimis. Die allerdings spielen in Ostfriesland. Thormann hat das Häuschen seiner Großtante in Frauenaurach geerbt und ist nun eher aus finanziellen Gründen denn der Neigung nach aus dem hohen Norden nach Franken umgezogen. Franken, wo Hügel den Meerblick verstellen, wo man statt Fisch fettige Bratwürste verzehrt, und dessen Bewohner nicht wissen, wie man echten Ostfriesentee zubereitet.

Das ist schon einmal ein netter Ansatzpunkt: Franken von Außen, gesehen durch die Brille eines ganz anders gearteten Regionalbewusstseins. Ein ostfriesischer Frankenkrimi also? Naja, das Friesisch-Herbe muss bald doch hinter den sattsam bekannten hiesigen Eigenarten zurückstehen.

Ungelöster Mordfall

Ach ja, der Fall. Beim Durchstöbern von Tantchens Bücherregalen entdeckt Martin zwei Folianten, die der Frauenauracher Klosterbibliothek entstammen könnten. Vielleicht hochklassige Nachdrucke? Oder tatsächlich echt? Noch vor dem Dreißigjährigen Krieg? Wie kamen sie hierher? Und wo ist der Rest, denn das Kloster ist längst aufgelöst und von einer Bibliothek keine Rede mehr. Ob da vielleicht eine Querverbindung zu dem ungelösten Mord besteht?

Damit der historische Kriminalfall ein wenig akuter ausfällt, wirft ein Unbekannter Martin Thormann wiederholt die Fensterscheiben ein. Der aber lässt sich nicht aus seiner friesischen Gemütsruhe bringen. Thormann ist gebildet, ein Ästhet und obendrein ein Gourmet. Weshalb er einen längeren Urlaub in der Provence einlegt, wo der Leser im Geiste mitflanieren und -futtern kann, was die Handlung allerdings kaum einen Zentimeter weiter bringt.

Das ist die Crux dieser Regionalkrimis: Sie überfrachten ihren Plot mit lokalen Schauplätzen, kulinarischen Eigenarten und sprachlichen Eigentümlichkeiten des Dialekts. Da freut sich der Einheimische, sieht er sich doch in seiner kulturellen Besonderheit bestätigt. Ebenso der Zugereiste, der seine Schwierigkeiten des Sicheinlebens nochmal nachvollzieht. Für alle anderen Leser haben wir noch die universalen Probleme der aufgewärmten Liebe mit der Flamme von Anno Dazumal und das Aufwallen von Männern, die langsam in die Jahre kommen.

Bei all den trefflich beobachteten Details plätschert die Spannung nach gutem Auftakt bald so gemächlich wie die Aurach dahin. Vielleicht ist Matthias Görtz – von Beruf Chemie- und Biologielehrer – mit friesisch-fränkischen Liebesromanen besser beraten? Denn beobachten und Stimmungen zaubern kann er wirklich!

InfoMatthias Görtz, "Requiem an der Aurach" (ISBN/EAN: 9783745010572) gibt es u. a. in der Bücherinsel in Frauenaurach.

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