Lacrosse in Erlangen: Am Gefrierpunkt

15.11.2017, 08:10 Uhr
Besondere Bedingungen: Zum Hinrunden-Abschluss haben die Erlangen Tribesmen (dunkle Trikots) die Freiburg Pumas im Schneetreiben besiegt. Der Preis war hoch. Peter Wittmann (re.) spürte nach dem Spiel seine Zehen nicht mehr.

© Foto: Harald Sippel Besondere Bedingungen: Zum Hinrunden-Abschluss haben die Erlangen Tribesmen (dunkle Trikots) die Freiburg Pumas im Schneetreiben besiegt. Der Preis war hoch. Peter Wittmann (re.) spürte nach dem Spiel seine Zehen nicht mehr.

Es war das erste Schneetreiben in diesem Winter. Das Auge muss sich erst wieder an die weißen Flocken gewöhnen. Zwischenzeitlich ging das Spiel ein wenig unter im Schneetreiben. Zumindest der kleine rote Ball war noch zu sehen. Manchmal aber verschwand sogar dieser Leuchtpunkt im November-Grau, immer dann, wenn er in einer der Matsch-Pfützen auf dem Spielfeld unterging.

Mit ihren Fangnetzen fischten die Spieler dann nach dem runden Mini-Ding, die Schuhe ebenfalls im eiskalten Schneematsch versunken. Kam die Partie kurz zum Stehen, zitterten die nackten Waden. Die Gesichter waren unter Schutzhelmen versteckt, über blaue Lippen lässt sich also nur mutmaßen. Zähneklappern aber hörte man von der Ersatzbank.

Besondere Bedingungen

Das letzte Hinrunden-Spiel der Tribesmen Erlangen gegen die Freiburg Pumas war in jeder Hinsicht eines unter besonderen Bedingungen. Während am Sonntagnachmittag die allermeisten Fußballer ihre Partien absagten, traten die Lacrosse-Spieler trotz allem an. Das Feld, auf dem sonst die Hockey-Teams des Turnerbunds spielen, war eine einzige Pfützen-Landschaft, überall sammelten sich hellgraue Matschhaufen.

"Wir spielen immer", sagt Peter Wittmann, der Spielertrainer der Erlanger Lacrosse-Mannschaft. "Wir trainieren auch den ganzen Winter durch, solange der Boden nicht gefroren ist. Dann darf man nicht mehr auf den Platz. Doch das jetzt war mit Abstand das Kälteste, was ich je gespielt habe." Die Tribesmen sind also harte Jungs. Und ausfallen lassen wollten sie dieses letzte Spiel im Kalenderjahr 2017 auf keinen Fall, schließlich ging es um Historisches.

Historischer Sieg

Mit einem Sieg gegen Freiburg war die beste Hinrunden-Platzierung aller Zeiten drin. In der ersten Bundesliga Süd stand das Team auf Rang drei, also auf einem Playoff-Platz. Diesen haben die Tribesmen mit ihrem 13:5-Heimsieg gegen Freiburg gehalten. "Auf Rang drei zu überwintern, ist ein Novum in Erlangen", sagt Wittmann. Doch bis es soweit war, mussten die Erlanger einiges durchstehen.

"Das Problem war, bei knapp über null Grad, Regen und Schnee zu spielen. Wir waren extrem unterkühlt." Dass die Spieler trotzdem keine lange Hosen getragen haben, "geht schon", sagt Wittmann. "Solange man spielt, ist man warm. Doch wir haben beim Lacrosse ja fliegende Wechsel. Dadurch steht man öfters kurz draußen und kühlt aus." Viermal 20 Minuten sind beim Lacrosse zu spielen. Wer die meisten Tore erzielt, gewinnt.

Doch das Spielen ist bei diesen Bedingungen komplizierter. Das Netz des Schlägers ist vollgesogen mit Regenwasser, schwer und unhandlich. "Das Netz wird wie ein Sack. Das ist bei einem Sommerregen aber genauso. Der Unterschied jetzt war die Kälte. Darunter hat das Tempo im Spiel gelitten." Ist ein Erlanger mal zum Sprint angetreten, kamen die anderen kaum hinterher oder rutschten gleich ganz im Matsch aus.

"Man hat gemerkt, dass weniger Bewegung und Tempo im Spiel war", sagt Wittmann. "Die Hände waren kalt, dadurch hat man weniger Gefühl im Schläger." Besonders die Rutschgefahr machte den Lacrosse-Spielern zu schaffen. "Der Sport lebt von schnellen Richtungswechseln. Man täuscht links an, geht rechts vorbei." Davon war an diesem Nachmittag kaum etwas zu sehen. Manchmal gelang ein schöner Spielzug, Pässe hinters Tor und von dort direkt vor den Kasten. Wie beim Eishockey gehört beim Lacrosse auch ein Teil zum Spielfeld, das hinter den Toren liegt. Erlangen war besser, so viel war im Schneetreiben zu erkennen. Mit dem rasanten Spiel auf Naturrasen hatte dieses Match dennoch wenig gemeinsam.

Absprache mit dem Schiedsrichter

Vorab war mit den Schiedsrichter vereinbart, nach jedem Viertel neu zu überlegen, ob man weitermachen kann. "Wenn die Verletzungsgefahr zu groß wird, hätten sie das Spiel abgebrochen." Doch dazu kam es nicht. "Recht viel schlechter konnte der Platz zwar nicht mehr werden. Aber es ging noch." Also liefen auch die drei Unparteiischen in den Pausen schnell zum Grill, um ihre eingefrorenen Hände zu wärmen. "Wir waren dann doch alle froh, als der Abpfiff kam", sagt Peter Wittmann.

Dass die Erlanger in dieser Saison so gut sind wie noch nie, hat mehrere Gründe. "Wir haben aktuell drei Nationalspieler", sagt Wittmann, der selbst für Deutschland aufläuft. Hinzu kommen ein Österreicher und ein Tscheche. "Aber auch die anderen haben gut gearbeitet. Der Kern des Teams wird immer größer." Natürlich tummeln sich beim Lacrosse vor allem Studenten, die nach ein paar Jahren wieder weg sind. "Doch die Abteilung wird einfach immer größer, deshalb haben wir gerade eine bessere Stamm-Mannschaft. Dadurch werden die Absprachen auf dem Feld besser. Dann läuft’s auch gut."

Das Niveau steigt

Insgesamt steigt das Niveau in den deutschen Lacrosse-Ligen, die Randsportart wird bekannter. "Wir müssen den anderen immer einen Schritt voraus sein", sagt Wittmann. "Im Winter müssen wir hart trainieren, um in der Rückrunde unseren Platz zu bestätigen." Ende März geht es weiter. Da kann es noch schneien. Doch dass die Tribesmen damit klarkommen, haben sie ja bewiesen.

Erlangen: Pickel, Lamla, Oyntzen, Heindl, Wittmann(1), Hinzmann(2), Hirneth, Erb(2), Fooken(1), Enser, Riester(2), Fujita, Sochna(3), Lucchini(2), Lindenmayr.

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