Leichter Infekt: Kinder dürfen ohne Attest in Kita und Grundschule

20.11.2020, 06:00 Uhr
Leichter Infekt: Kinder dürfen ohne Attest in Kita und Grundschule

© Marijan Murat/dpa

Ein leichter Husten? Ein bisschen Schnupfen? In Vor-Corona-Zeiten war das kein Grund für Eltern, ihre Kinder nicht in den Kindergarten oder in die Grundschule zu schicken. Erzieher und Lehrer haben auch nicht erwartet, dass die Kinder zuhause bleiben. Jetzt, während der Corona-Pandemie, sieht die Sache schon anders aus. Häufig wird dann bei der Rückkehr in die Einrichtung wiederum erwartet, dass ein ärztliches Attest mitgebracht wird: eine Bescheinigung, dass das Kind gesund ist, sonst wird es nicht mehr aufgenommen.

Der neueste Rahmenhygieneplan in Bayern sieht genau dies aber nicht vor. Denn die derzeit ohnehin überlasteten Arztpraxen sollen nicht noch mehr über Gebühr beansprucht werden. Bei der Umsetzung der neuen Regeln, die sich auch im Punkt "ärztliches Attest" von den vorherigen unterscheiden, hapert es jedoch noch.

Einrichtungen halten sich vielfach noch nicht daran

"Tatsächlich halten sich die Einrichtungen noch nicht so dran", sagt Jasmin Pletl-Maar, die Sprecherin der Erlanger Kinderärzte. Das kann auch daran liegen, dass die Liste der Symptome, derentwegen Kinder zum Arzt gehen oder eben nicht gehen sollten, weit gefasst ist und sich das ministerielle Schreiben nicht jedem auf Anhieb in Gänze erschließt.

Zum einen also kommen in die Arztpraxen besorgte Eltern mit Kindern, die nur ganz leichte Erkältungssymptome haben, und wollen sich vergewissern, dass dies nicht etwa eine Infektion mit Corona ist. Zum anderen werden Kinder mit leichten Symptomen auch von den Einrichtungen nach Hause geschickt und brauchen dann ein Attest, damit sie wieder kommen dürfen.

Zeit für die wirklich kranken Kinder

Jasmin Pletl-Maar findet deutliche Worte für solche Fälle. "Es ist nicht in Ordnung, wenn das so läuft", sagt die Kinderärztin. "Wir verschwenden unsere Ressourcen mit fast gesunden Kindern." Keine Frage aber sei es selbstverständlich, dass wirklich kranke Kinder zum Arzt kommen sollen. "Ein krankes Kind wird untersucht, es wird eventuell ein Corona-Test gemacht, und das Kind muss so lange in häuslicher Quarantäne bleiben, bis das negative Ergebnis da ist."

Mit schweren Infekten also ist der Arztbesuch unbedingt angesagt, bei einem leichten Infekt hingegen nicht. Grundschulkinder, so besagt es die Hygieneverordnung, können mit leichten Erkältungssymptomen – anders als Kinder und Jugendliche in weiterführenden und beruflichen Schulen – die Einrichtung weiter besuchen. Für Kita-Kinder gilt dasselbe.

Auf einem anderen Blatt steht es, dass man in den Einrichtungen mitunter froh ist, wenn Kinder dann trotzdem zuhause bleiben. "Ich hatte erst Bedenken, als es jetzt hieß, dass Kinder mit leichtem Schnupfen in die Schule dürfen", sagt die Rektorin einer Erlanger Grundschule. "Aber unsere Eltern sind sehr vorsichtig und lassen ihre Kinder von sich aus zuhause." Laut dem aktuellen bayerischen Hygieneplan müssten sie das nicht. Und vor allem: Die Kinder dürfen ohne Attest in die Einrichtung zurückkehren.

Arztbesuch dann, wenn er notwendig ist

Das Attest aber wird vielfach trotzdem noch verlangt. "Erst heute hatte ich drei Kinder hintereinander, die quasi nichts hatten. Sie waren wegen eines Attests bei mir in der Praxis." Das widerspreche der Intention der Kontaktvermeidung, so Pletl-Maar. Es könne nicht angehen, dass Erzieher oder Lehrer Kinder in Arztpraxen schicken und sie damit zwingen, sich unter Umständen sogar erst einem Corona-Infektionsrisiko auszusetzen.

Markus Beier, in Erlangen ansässiger Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, betont ebenfalls, wie wichtig es sei, dass sich alle Beteiligten an die Vorgaben halten. Da diese auf den ersten Blick unter Umständen nicht so schnell zu durchdringen sind, will der Verband eine Schaugrafik erstellen, die an die Hausarztpraxen verschickt werden soll. "Kinder, die richtig krank sind, müssen ohne jeden Zweifel angeschaut werden", sagt auch er. "Aber immer ein Attest – das geht nicht."

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