Literatur in Gebärdensprache beim Poetenfest

30.8.2019, 10:49 Uhr
Literatur in Gebärdensprache beim Poetenfest

© Projekt handverlesen

Vor zwei Jahren von Franziska Winkler und Katharina Mevissen als mehrsprachige emanzipatorische Literaturinitiative gegründet, hat es sich das Projekt "handverlesen" zur Aufgabe gemacht, Literatur in Gebärdensprache zu entwickeln, zu verbreiten und zu übersetzen und den Dialog zwischen laut- und gebärdensprachlicher Literatur zu fördern.

"Im Sommer 2016 sind wir auf die französischsprachige Anthologie ,Les mains fertiles‘ gestoßen, die Gedichte in französische Gebärdensprache übersetzt. Wir wurden neugierig und recherchierten, was für Bücher es in dieser Richtung in Deutschland gibt. Lyrik und Literatur, die in deutsche Gebärdensprache übersetzt wurde. Wir konnten es zuerst nicht glauben: wir mussten feststellen, dass es keine deutschsprachige Publikation dieser Art gibt. Wir waren empört und beschlossen kurzerhand, das selbst in die Hand zu nehmen", berichten Winkler und Mevissen. Die Konsequenz: "Wir gründeten die Initiative, weil das Problem größer und politischer ist, als wir dachten: es fehlt nicht nur ein Buch, sondern es braucht ein Umdenken darüber, was Literatur ist und sein kann, und es braucht die Vernetzung und Zusammenarbeit Tauber und hörender Lyriker und Literaturschaffender."

Die Initiative "handverlesen" veranstaltet seitdem Workshops mit tauben und hörenden Autoren und Übersetzern, publiziert ein mehrsprachiges Magazin sowie Filme und Bücher zum Thema. Beim Poetenfest stellen die Gründerinnen von handverlesen anlässlich der Ausstellung "BarriereSprung" zusammen mit der Lautpoesie-Performerin Kinga Tóth, dem Lyriker und Übersetzer Tim Holland, dem Gebärdensprachdolmetscher sowie Schauspieler Rafael-Evitan Grombelka am Freitag, 30. August 2019, ab 19.30 Uhr im Stadtmuseum am Martin-Luther-Platz das Projekt in Performance, Lesung und Gespräch vor (der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei). Außerdem nehmen sie an der Erlanger Übersetzerwerkstatt teil.

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Dabei wird es viele Besonderheiten zu entdecken geben. Denn: "Text kommt in Bewegung, weil Literatur, die in Gebärdensprache übersetzt wird, kein schriftlicher Text mehr ist, sondern ein visuell und räumlich performter Text. Er passt auf keine Seite mehr. Gebärdensprachliche Literatur stellt die traditionelle Definition von Literatur als Text in Frage und findet eine lyrische Sprache jenseits von Schrift und Wort" .

Daraus resultiert zudem ein ganz neues Verständnis von Literatur jenseits bekannter Medien, Veranstaltungsformaten und Lesegewohnheiten. Heute Abend bei "Poesie kommt in Bewegung" im Stadtmuseum lässt sich also erleben, was "sich für manche schwer vorstellen lässt: wie sich ein Gedicht bewegt".

 

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