"Mein Leipzig lob’ ich mir!"

13.11.2018, 18:23 Uhr

Goethe hat Recht behalten: "Mein Leipzig lob’ ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute". Abgesandte dieser feinen, gebildeten Leute sind beim gut besuchten GVE-Konzert in der Ladeshalle die "Cellisten des Gewandhausorchesters Leipzig", die ein großartiges siebenköpfiges Cello-Orchester bilden und die Aufführungsorte der sächsischen, famosen Kulturstadt musikalisch vorstellen. Das edelst angerichtete "Leipziger Allerlei" beginnt – wie könnte es anders sein – mit Thomaskantor Johann Sebastian Bach und dessen "Brandenburgischen Konzert Nr. 6" (BWV 1051). Dieses lässt sich – aufgrund seiner ursprünglichen Besetzung für Bratschen und Gamben – unproblematisch für fünf Celli transformieren. Feines Bach’sches Fließen offenbart sich da, die Einzelstimmen sind dennoch gut unterscheidbar. Angenehm leicht und filigran wird konzertiert, die Einheitlichkeit des Klangs bei aller Polyphonie ist wohltuend.

Strenger erscheint danach vom Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy das "Vater unser" nach der Orgelsonate op. 65, Nr. 6. Der "Cantus firmus" wechselt durch die Stimmen. Erbaulich ist das, wenn sich nach dem strengen Fugato der freie Satz zum friedvollen Dur-Ausklang entwickelt. Die Cello-Register genügen hierbei vollauf.

Gewagt erscheinen die beiden Wagner-Bearbeitungen: Wie sollen sieben Cellisten die Welt Wagners befriedigend erschließen? Hier nun zeigt sich die klangliche Perfektion, die aus einheitlicher musikalischer Vorstellungskraft resultiert, des bewundernswerten Cellisten-Klangkörpers vollends.

Sowohl im "Vorspiel und Liebestod" aus "Tristan und Isolde" als auch in "Introduktion und Gebet" aus "Rienzi" offenbart sich die ätherische Klangdichte der Gewandhausorchester-Cellisten, die seinesgleichen sucht. Das ist verblüffend, beeindruckend in dieser Intensität. Die Themen und ihre motivischen Verflechtungen erklingen in diesem Konzentrat transparent und sind dennoch meditativ fließend.

Auch optisch ist das Agieren der sechs Cellisten (Daniel Pfister, Christian Giger, Nicolas Defranoux, Michael Peternek, Matthias Schreiber, Axel von Huene) und ihrer jungen, ungemein feinfühlig und versiert gestaltenden Kollegin Gayane Khachatryan ein Erlebnis. Die musikalische Gemeinschaft ist hier in den zarten Gesten, im mimischen Austausch sichtbar – hörbar ist sie sowieso!

Tänzerische Noblesse

So wird das Publikum mit Edvard Griegs bekannter "Peer-Gynt-Suite" mit charakterisierender Farbigkeit zum besonderen Erlebnis: Singend, ineinanderfließend erwächst die "Morgenstimmung". Fahle Lichtfarben dramatisieren "Ases Tod". Mit leichter, tänzerischer Noblesse schwingt "Anitas Tanz". Mit grimmiger, geheimnisvoller Bravour kumuliert der Furor "In der Halle des Bergkönigs". Spannend, aufregend ist das alles.

Der "Rausschmeißer" ist ein "Medley aus den 1920er und 1930er Jahre-Hits". Dieses ist zwar definitiv – die Kompositionen betreffend – nicht aus dem Gewandhaus, macht aber umso Freude im Publikum: Da tippt mancher im Publikum mit dem Fuß mit, da wird leise mitgesummt, vorsichtig mitgeschunkelt. Die Leipziger Cellisten bewahren auch hier ihre souveräne Distinguiertheit. Elegant, nie anbiedernd, sind die Interpretationen des "Kleinen, grüner Kaktus", "Ich tanze mit dir in den Himmel hinein", "Ich bin von Kopf bis Fuß". Bei der "Lenz-Veronika" stellt sich sogar kurz Antonin Dvorak ein. Schwungvoll, geschmackvoll, herrlich musiziert ist das alles, Qualität in Interpretation und Werken! Das Publikum ist begeistert. Der "La-li-lu-Mond" leuchtet in der Zugabe des delikaten, vollendeten Leipziger Allerlei freundlich am Erlanger Konzerthimmel.

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