Mit alten Bausünden und dem Hausschwamm im Clinch

17.8.2010, 09:19 Uhr
Mit alten Bausünden und dem Hausschwamm im Clinch

© Bernd Böhner

Die Arbeiten des 1706 als Gewächshaus verstandenen Baudenkmals machen erstaunliche Fortschritte, auch wenn es auf der Baustelle für den Laien völlig chaotisch aussieht: Ein Gewirr von teilrestaurierten Deckenbalken, ein freigelegtes Fundament, offenes Mauerwerk in allen Räumen, Baugruben inmitten der historischen Bausubstanz, zerbrochene Figuren und Platten, Hausschwamm in den Mauern.

Gerade der im Dachstuhl und im angrenzenden (doppelschaligen!) Mauerwerk aufgefundene Hausschwamm setzte ein komplexes Sanierungskonzept in Gang, das eine Herausforderung für alle am Bau Beteiligten darstellt, wie Projektleiterin Doris Ostertag vom Staatslichen Bauamt erklärt. Doch nach 16 Monaten Bauzeit seien erste Ergebnisse der Sanierungsanstrengungen erkennbar, auch wenn die komplette Einrüstung des Barockjuwels den Fortschritt noch verdeckt. Einen ersten Eindruck wird sich die breite Öffentlichkeit am „Tag des offenen Denkmals am 12. September“ machen können.

Mit alten Bausünden und dem Hausschwamm im Clinch

© Bernd Böhner

Bei der Rekonstruktion des Dachstuhls wurde — vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege argwöhnisch beobachtet — ein enormer Aufwand betrieben, um die ursprüngliche und schon für damalige Verhältnisse ziemlich waghalsige Konstruktion des Balkenwerks weitgehend zu erhalten.

Marode Teile entfernt

In vier Abfolgen wurden erst marode Bau- und Balkenteile entfernt oder ausgekratzt, dann Hohlräume und Fugen mit chemischen Killern behandelt, Hausschwammreste mittels fungiziden Schaums ausgesperrt und das Dach zu einem leicht zugänglichen und damit auch zukünftig auf spätere Schäden kontrollierbaren Objekt mit Wartungsstegen umgebaut.

Ein Zugeständnis an die Moderne, vor allem aber an die Bauphysik, ist eine moderne Stahlkonstruktion — Zugstäbe, die das Dach so entlasten sollen, dass es nicht wie einst die Mauern nach außen wegdrückt. Das vom Staatlichen Bauamt erarbeitete Konzept wurde mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt. „Um dem Gebäude gerecht zu werden, bewegen wir uns bei der Sanierung beständig in einem Spannungsfeld zwischen denkmalpflegerischen, konstruktiv-technischen, funktionalen und nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Erfordernissen“, bilanziert Doris Ostertag, Abteilungsleiterin Hochbau des Staatlichen Bauamts Erlangen-Nürnberg.

Wer heute das Foyer der Orangerie betritt, erschrickt erst einmal vor einer riesigen Baugrube. In dieser wird der Zugang für die neuen Toilettenanlegen geschaffen, die nördlich des Wassersaals im Erdreich unsichtbar verschwinden. Die Institute für Kirchenmusik und Kunstgeschichte in den Seitenflügeln erhalten neue Räume, die im Zuschnitt aber die alte Orangerie wieder aufnehmen.

Noch erprobt wird das Farbenkonzept für die Orangerie-Fassade. Nachdem man an einer bisher nicht untersuchten Stelle den Originalputz aus dem Jahr 1706 wiederentdeckt hat, will man auch auf die alte Rezeptur zutrückgreifen. Nach Doris Ostertags Erfahrung „sind die alten Putze haltbarer als die neuen“ — und schöner sind sie auch.Ein Video dazu findet sich unter www.nn-online.de