„Mit Musik infizieren“

30.6.2012, 00:00 Uhr
„Mit Musik infizieren“

© Thomas Langer/Klassikkultur Erlangen

Es erstaunt ja zunächst, dass ein Künstler wie Martin Stadtfeld, der bei traditionsreichen Festivals mit solistischen Rezitals wie etwa der „Bachwoche Ansbach“ oder kürzlich mit Beethoven-Sonaten in „Schloss Weikersheim“ ein fachkundiges Publikum begeistert, einer Veranstaltung, bei der die Musik mehr Event denn künstlerische Herausforderung ist, zustimmt.

„Mit Musik infizieren“

© Böhner

Stadtfeld zeigt sich von der Idee des „Klassik am See“-Events zum einen wegen des reizvollen, landschaftlichen Ambientes angetan. Keinesfalls möchte Stadtfeld – so betont er streng – eine Open-Air-Tournee quer durch die Lande absolvieren. Zum anderen hofft der grazile hochgewachsene junge Mann – und Dirigentin Ljubka Biagioni stimmt dem zu –, „mit der Musik zu infizieren“. Vielleicht – so die beiden Musiker – verlieren einige Besucher durch diese ungezwungene, gelöste Art der Musikvermittlung die Scheu davor, auch einmal einen geschlossenen Konzertsaal aufzusuchen, wo die Zwischentöne und Feinheiten der Musik freilich besser zu hören seien. Für das Freiluft-Konzert am Dechsendorfer Weiher müssen eben, auf Grund der Verhältnisse und Übertragung mittels High-Tech-Lautsprecher-Anlage, die Maßstäbe – auch im Musizieren – vergrößert werden. Das Beethoven-Programm halten beide Künstler für bestens geeignet, um auch Klassik-Unkundige zu begeistern. In Italien, so Biagioni, kämen vor allem Open-Air-Konzerte mit Filmmusik-Programmen gut an.

Dennoch dürfe sich der Kulturbetrieb nicht nur an solchen Vorlieben orientieren. Beide kritisieren die Form einer „Erneuerung der Kultur“, die sich nur am Konsum orientiere, wo es in der Musik, in Programmwahl, bei Tonträger-Einspielungen nur um kommerzielle Interessen gehe. Die heutige Gesellschaft neige zu einer zunehmend geistloseren Ökonomisierung. Selbst die Kultur orientiere sich am Konsum, an Verkaufszahlen. Die Wechselwirkung zwischen Kunst und Außenwelt sei unter die Lupe zu nehmen. Die Kunst habe durchaus auch „missionarische“, erzieherische Aufgaben innerhalb der Gesellschaft zu erfüllen. Genau diese beiden Befindlichkeiten und Ansprüche sind oft schwer zu vereinen, lassen dem künstlerischen Reifungsprozess oft zu wenig Zeit.

Ljubka Biagioni ist mit dem aristokratischen Dirigenten Enoch zu Guttenberg verheiratet, wohnt unweit von Kulmbach auf Schloss Guttenberg. Dennoch geht es im Familienkreis nicht nur um das Thema Musik. Großes Thema sei immer wieder der Naturschutz, die Energiewende, die ästhetische Verschandelung der Landschaft und Bedrohung von Vogelarten durch Windkrafträder. Biagioni beklagt auch hier die mangelnde Einsicht der Gesellschaft, das eigene Konsumverhalten zu überprüfen. Energiesparen statt ständig nach weiterer Expandierung zu suchen, sei viel sinnvoller, allerdings auch unpopulärer. Stadtfeld nickt zustimmend. Er selbst ist – mit entzückender Hundebegleitung – per Bahn nach Erlangen angereist.

Einig sind sich Biagioni und Stadtfeld über genügend Probezeit im Vorfeld eines Konzerts – und verabreden für „Klassik am See“ eine terminliche „Sicherheitszone“, um optimal vorbereitet zu sein.

Karten im Vorverkauf gibt es u.a. bei „erlangen ticket“ am Neuen Markt oder im E-Werk sowie unter www.klassik-am-see.com

 

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