Nach den fetten Jahren kommen noch fettere

19.1.2020, 17:00 Uhr
Nach den fetten Jahren kommen noch fettere

© Harald Sippel

Dass Geld nicht alles ist, wurde in der einen oder anderen Rede zur Verabschiedung des städtischen Haushalts deutlich. Acht Reden, die nicht nur das Geleistete des vergangenen Jahres unterschiedlich bewerteten, sondern auch die zu Ende gehende Legislaturperiode mit durchaus kritischen Worten bedachten. Der Wahlkampf lässt grüßen.

Für Oberbürgermeister Florian Janik hat die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum  "den allerhöchsten Stellenwert". Einiges ist auf diesem Felde schon geleistet worden. Janik wies auf die 3134 Wohnungen hin, die zwischen 2014 und 2018 entstanden sind. 2000 weitere sind im Bau, 1000 in der Planung. Hier müsse man weiter zulegen.

Die Zahl der Einwohner steigt. Die Anforderungen und Aufgaben für die Verwaltung mit ihr. Deshalb hätte Janik lieber 2,4 Millionen Euro für neue Stellen gewünscht als die nun eingeplanten 1,8 Millionen – ein Kompromiss der rot-grün-gelben Stadtregierung, mit dem man wenigstens "die dringendsten Stellen" finanzieren könne.

Enormer Schuldenabbau

Zweifelsohne "sehen lassen" kann sich der Schuldenabbau. Stattliche 36 Millionen Euro wurden in 2019 getilgt, in diesen Januartagen folgten nochmals drei Millionen und im aktuellen Haushalt 2020 sind neun Millionen Euro Abbau vorgesehen, so dass die Stadt unterm Strich nur noch mit rund 95 Millionen Euro in den Miesen steht.

Und das schlägt sich auf die Pro-Kopf-Verschuldung nieder: Ende 2014 lag sie noch bei 1323 Euro, Ende September 2019 bei nurmehr 960 Euro.

2019 ging man von 125 Millionen Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer aus, am Ende waren es 171 Millionen – das bislang "historisch beste Steuerergebnis", so Kämmerer Konrad Beugel. Und in diesem Jahr darf man aus diesem Topf sogar mit 185 Millionen Euro rechnen – da kündigt sich der nächste Einnahmerekord an.

Bei den Schlüsselzuweisungen lagen die Erwartungen im September 2019 bei lediglich rund 5,6 Millionen Euro, gekommen sind schließlich 10,4 Millionen Euro. Und die Einkommenssteuer mit rund 90 Millionen Euro kann sich auch sehen lassen. Das versetzt die Stadtoberen in die vornehme Lage, 2020 rund 63 Millionen Euro für Investitionen in die Hand zu nehmen.

"Nicht nachvollziehbare Maßnahmen"

Jenseits dieser Zahlen seien "viele Menschen mit der derzeitigen Stadtpolitik unzufrieden", meinte CSU-Fraktionschef Jörg Volleth. Die Bürger könnten etliche Maßnahmen nicht nachvollziehen, beispielsweise die neue Verkehrsregelung in der Neuen Straße. Auch in Sachen Klimapolitik warf der CSU-Mann dem OB nur "symbolträchtiges" Gerede vor. Dagegen sei auf die Vorschläge der Christsozialen nicht weiter eingegangen worden, zum Beispiel umweltfreundliche Busse einzusetzen.

Volleth bedauerte, dass der CSU-Antrag, für neue Personalstellen nur 1,6 Millionen Euro anzusetzen, gescheitert ist. Dagegen signalisierte er, dass man viele der Investitionen, die 2020 für jene 63 Millionen Euro getätigt werden sollen, mittragen kann. Allerdings nicht den geplanten Neubau eines Verwaltungsgebäudes. Für dieses "Technische Rathaus" stehen aber bereits 200.000 Euro für die Planung im Haushalt. Volleth plädiert hier für den Ankauf einer bestehenden Siemens-Immobilie – "nichts ist klimafreundlicher als Bestand sinnvoll zu nutzen".

"Veränderung zum Positiven"

Ein durchwegs positives Zeugnis bekam die Stadtregierung von Barbara Pfister, Vorsitzende der SPD-Fraktion, ausgestellt. "Unsere Stadt hat sich eindeutig zum Positiven verändert", meinte Pfister und führte Beispiele aus verschiedenen Bereichen an. Kritik übte sie am Koalitionspartner FDP, der bei der anvisierten Aufstockung einmal mehr nicht mitspielt.. Aber durch fehlendes Personal werde die Realisierung etlicher Maßnahmen "gefährdet, behindert oder sogar blockiert", monierte Pfister.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Lars Kittel hielt in bekannt mahnender Manier dagegen, kehrte zugleich die durchaus "großen Unterschiede zwischen einer liberalen zu einer eher linken Politik" heraus, um schließlich auf die Ampelkoalition zu kommen. Die "war und ist nicht unsere Traumkoalition, denn wir sehen uns mehr im bürgerlichen Lager als links". Auch deshalb gab es vorab keine Koalitionsaussage. Für die FDP steht allerdings fest: Nach der Wahl wird es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Und die ist mit den Linken ebenfalls "extrem unwahrscheinlich".

Ein "Anlass zur Sorge" war für Wolfgang Winkler, Grüne Liste, dass für zusätzliche Stellen wieder nur 1,8 Millionen Euro ausgegeben werden. Mehr Personal sei nötig, da die Stadt auch ein Dienstleistungsunternehmen sei. Ansonsten sprach er den Klimanotstand an oder auch sozialverträgliche Natur- und Umweltschutzmaßnahmen.

"Versäumte Chancen"

FWG-Rätin Anette Wirth-Hücking kritisierte unter anderem den "großen Investitions-Stau", den die Verwaltung vor sich her schiebe. ÖDP-Rat Joachim Jarosch sprach von vielen "versäumten Chancen". "Ungenügend" und "mangelhaft" gab es für die Bereiche Klimapolitik, Verkehr und Soziales. Abgesehen von seiner grundsätzlichen Kritik an der kommunalpolitischen Arbeit der CSU wiederholte Johannes Pöhlmann, Linke, seine Ansicht, das die Stadt Erlangen ihre "Grenzen des Wachstums" erreicht habe und "die noch bezahlbaren Wohnungen schützen" muss.

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