Nach Feuer in Radgeschäft: Experten geben Entwarnung bei Akkus

17.9.2011, 00:00 Uhr
Nach Feuer in Radgeschäft: Experten geben Entwarnung bei Akkus

© Bernd Böhner

„Wir haben ausgesehen wie die Kaminkehrer“, erinnert sich Seniorchef Georg Schreiber (67) an den Tag nach dem Brand in dem großen Büchenbacher Fahrradgeschäft. Ein E-Bike war durch das Feuer bis auf zwei Naben regelrecht zerschmolzen; acht so genannte Pedelecs hatten die Flammen beschädigt; 250 weitere Räder waren durch Ruß derart beeinträchtigt, dass sie alle entsorgt werden mussten; Rauch und Ruß hatten Boden, Decke und Wände unbrauchbar gemacht.

Nach Feuer in Radgeschäft: Experten geben Entwarnung bei Akkus

Zudem, so erklären Chemiker, entstehen beim Verbrennen PVC-haltiger Materialien auch Giftstoffe, die dafür sorgen, dass die Einrichtung komplett entsorgt werden muss. Bereits nach vier, fünf Stunden zeigten sich erste verrostete Stellen an Rädern und Ersatzteilen — überall dort, wo keine dicke Lack- oder Chromschicht aufgebracht war, fraß sich der Rost Bahn, erzählt Juniorchef Jürgen Schreiber (37).

Am 4. August um 1.40 Uhr war die Feuerwehr (wie berichtet) in die Dorfstraße gerufen worden, weil es eine Explosion gegeben habe. Jürgen Schreiber, jetzt Inhaber des Geschäfts, der darüber wohnt, wurde mit einer Steckleiter vom Flachdach eines Anbaus geholt.

Nach dem ersten Stand der Ermittlungen ließ die Kripo verlauten, der Brand sei von Elektrobikes ausgegangen; dies hatte große Verwirrung ausgelöst, weil Kunden verunsichert wissen wollten, ob die Akkus ihrer Räder explodieren könnten, wenn sie beim Laden überhitzen oder durchschmoren. „Das ist bei unseren hochwertigen Akkus ausgeschlossen“, sagte Georg Schreiber bereits damals im Gespräch mit den EN. „Es war auch definitiv kein Akku am Ladegerät angeschlossen.“

Nach Schreibers Protest korrigierte die Polizeipressestelle ihre ursprüngliche Mitteilung in der Tat: Nun gingen die Brandexperten davon aus, dass das Feuer durch einen technischen Defekt im Bereich der Ladestation ausgebrochen war: „In Frage kommen alle stromführenden Zuleitungen, zum Beispiel Steckdosenleisten, Kabelzuführungen.“ Aufgrund der großen Zerstörung könne der genaue Ort des Ausbruchs nicht mehr bestimmt werden — vermutlich kommen eine defekte Steckdose oder eine Steckerleiste als Ursache in Betracht.

Heute liegen auch Aussagen von Herstellern vor, wonach es bei einfachen Akkus zwar durch Überhitzung zu einem Brand kommen kann. Hochwertige und teure Geräte — das Stück ab 500 bis 900 Euro — verfügen aber in der Regel über einen Mikroprozessor mit Software, der auch die Temperatur in den Zellen misst und das Gerät abschaltet, wenn es zu heiß wird.

Auch Art und Dauer der Ladevorgänge werden gespeichert. Hersteller Panasonic versichert, es sei problemlos möglich, Elektroräder über Nacht zu laden.

Zu Bränden beim Ladevorgang kommt es dennoch immer wieder. So auch Anfang August bei Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck: Ein Elektro-Bike war um 21 Uhr zum Aufladen des Akkus an eine Steckdose im Wohnzimmer angeschlossen worden. Um 2 Uhr in der Nacht wachten die Bewohner durch einen lauten Knall auf. Die Ladestation stand in Flammen.

Vorsicht bei Kabeln

Die Experten der Landesgewerbeanstalt (LGA) in Nürnberg, verbunden mit dem Tüv Rheinland — die derartige Akkus von Elektrorädern mehrfach untersucht haben —, nehmen die Geräte in Schutz. Bei normaler Handhabung und Beachtung der Gebrauchsanweisung könne auch bei einem Ladevorgang über Nacht nichts passieren, sagt LGA-Sprecher Rainer Weiskirchen auf Anfrage der EN.

Aber die Ladegeräte könnten ein Risiko sein, wenn nämlich Steckverbindungen verwechselt werden, berichtet Weiskirchen. Es könne dabei zu Überhitzung und Feuer kommen: „Es gibt eine ganze Menge Möglichkeiten, etwas falsch zu machen.“

Wichtig sei, auf das Prüfkennzeichen, etwa des Tüv Rheinland, zu achten und genau nach Gebrauchsanweisung vorzugehen. „Auf keinen Fall andere, vermeintlich gleich aussehende Kabel verwenden, die für andere Strommengen ausgelegt sind“, raten die Fachleute. Hochwertige Geräte seien allerdings uneingeschränkt empfehlenswert.

Nach der Entkernung des Verkaufsraums öffnet jedenfalls das Fahrrad-Fachgeschäft Schreiber in Büchenbach am heutigen Samstag mit Einschränkungen wieder den Geschäftsbetrieb. Räder, Ersatzteile und Zubehör mussten über Verwerter entsorgt werden — zu einem Bruchteil des ursprünglichen Wertes. Der Gesamtschaden wird auf 300000 bis 400000 Euro geschätzt; die Versicherung decke den Großteil der Summe ab, sagt Senior Schreiber.

Die Kunden, die sich während des Notbetriebs weitgehend verständnisvoll gezeigt haben, können nun wieder Räder und E-Bikes kaufen und sich beraten lassen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Lücken in der Ersatzteilabteilung geschlossen sind. Daher steht der Reparaturservice nur eingeschränkt zur Verfügung.

Der Geschäftsbetrieb in den entkernten Räumen ist freilich nur eine vorübergehende Lösung. Im November und Dezember soll renoviert werden; im Januar oder Februar wird dann neu eröffnet.

Öffnungszeiten: Samstag 9.30 bis 14 Uhr, Dienstag bis Freitag 14 bis 18.30, Montag geschlossen.

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