Neu im Erlanger Fifty: berechnend und kreativ

16.1.2016, 18:00 Uhr
Neu im Erlanger Fifty: berechnend und kreativ

© Foto: privat

Im Oktober 2014 hat Meike Walter offiziell Organisation und Verwaltung von Andreas „Andi“ Büeler übernommen. Auch die Programmplanung liegt jetzt in ihren Händen. Die attraktive, agile Erlangerin verfügt mit ihren 36 Jahren über vielfältige berufliche Erfahrungen in den verschiedensten Bereichen, die ihr und dem „fifty fifty“ zu Gute kommen: Nach dem Abitur in Erlangen, studierte Walter Germanistik und Kommunikationswissenschaften. Sie arbeitete als Eventmanagerin und machte eine weitere Ausbildung für Projektmanagement. Danach war sie im Marketing einer Online-Druckerei beschäftigt.

Das „Fifty“ kennt sie von der Pike auf, war als junge Erwachsene Servicekraft und Werkstudentin im Büro von Büeler. Die beiden verstehen sich gut; sie nennt ihn mit freundschaftlicher Ironie ihren „Papa“. Er hat Respekt vor Meikes souveräner Tatkraft, kann sich — dank ihrer Kompetenzen — entspannt zurücklehnen. Meike Walter ist froh, dass die einst drohende Schließung des „Fifty“ durch den bewilligten Sonderzuschuss der Stadt Erlangen abgewendet ist. Dennoch bleibt die Situation angespannt. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen. Dabei hat die strenge Rechnerin alles auf den Prüfstand gestellt: Sie hat gestrichen, Ausgaben genau nach Nutzen hinterfragt, Personalkosten gesenkt. Fixkosten wie Miete, Personalausgaben, Künstlersozialkasse, GEMA, Nebenkosten sind dennoch steigend. Kultur zum Dumpingpreis kann es nicht geben: Mit Eintrittspreisen zwischen 20 und 28 Euro ist ohnehin knapp kalkuliert. Reich wird davon keiner. Dankbar sind die Beiden ihren treuen „Fördermitgliedern“, die wesentlich zur Stabilisierung des Kleinkunsttheaters beitragen.

Als zweites Standbein plant das „Fifty“ seine Räumlichkeiten an Privat- und Firmenkunden zu vermieten: Das kann von der einfachen Raumnutzung bis hin zum gesamten „Rundum-Sorglos“-Eventkonzept inklusive Künstlerbuchung, Catering, Rahmenprogramm, Deko und Service reichen. Auch „Publikumsnachwuchs“ wird gefördert: Für junge Leute und Studenten gibt es Sonderkonditionen mit der Aktion „ImARTrikulation“.

Von unschätzbarem Wert sind die Kontakte, die Büeler über Jahrzehnte aufgebaut hat. Denn bei der Programm-Planung und den Künstlerbuchungen braucht Walter den „Papa“ am dringendsten, denn nur er kommt über seine persönlichen Kontakte und Freundschaften häufig auch an Künstler, die sonst nur noch in Fernsehsendungen und großen Hallen auftreten.

Das „Fifty“ ist in der Kabarett- und Comedybranche bekannt, hochrespektiert wegen seines guten Niveaus und der ganz eigenen, persönlichen Atmosphäre. Dennoch ist es heutzutage schwierig, Termine auszumachen. „Wirtschaftliche Interessen stehen bei den jungen Agenten im Vordergrund“, klagt Büeler. Daher wird ein Termin zunächst nur „optioniert“ statt fest ausgemacht. Größere Bühnen und Säle bringen mehr Geld und diese Option halten sich die Agenturen möglichst lange offen. Meike Walter will am niveauvollen, bewährten Mix des Programms nichts verändern, an der Mischung zwischen „neu und alt“, zwischen „Kabarett und Comedy“ festhalten.

Das Publikum wünschen sich die beiden „Fifty“-Macher bisweilen experimentierfreudiger, neugieriger. Häufig machen die Zuschauer ihren Besuch von der TV-Popularität eines Künstlers abhängig. Dabei gelten im „live“-Theater andere Kriterien als im Fernsehstudio: Größter Vorteil ist die unmittelbare Nähe zum Künstler. Die bistroartige Gruppierung des Publikums um Tischchen fördert eine lockere Atmosphäre. Das Publikum kann oft nach dem Auftritt an der Bar mit dem Kabarett-Star ungezwungen plaudern. „Das ist etwas ganz anderes als ein steriles Fernsehstudio oder ein großer Saal mit Hunderten von Stuhlreihen“, betont Walter . Für einen neuen Schub in der Werbung, bei der Internet-Präsenz, im Servicebereich und Marketing sorgt die Mitarbeit von Cindy Lang samt ihrem Team.

Das „Fifty“ arbeitet mit der Mixtur aus „persönlichem Theater und solidem Marketing“ weiter voller Elan am Überleben im Kulturbetrieb. Eine liebenswerte und geistreiche Erlanger Institution wie das „fifty fifty“ sollte sich – in Anbetracht dieses Engagements und Niveaus, im Hinblick auf seine kulturelle Verwurzelung in der Region — aber eigentlich nie mehr existenzielle Sorgen machen müssen!

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